Vorsorge
27. September 2024 / Christian Hirschbolz, CFP® Finanzplaner
Was macht ein Testamentsvollstrecker?
Was sind die Vor- bzw. Nachteile eines Testamentsvollstreckers? Wie wird sie bzw. er ernannt? Und wer kommt überhaupt für das Amt infrage? Wir geben einen Überblick zum Thema, zeigen Ihnen mögliche Alternativen und wie Sie am besten vorgehen.
Hintergründe Testamentsvollstreckung
Die Testamentsvollstreckung ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in § 2197 ff. BGB geregelt. Danach hat jeder Erblasser das Recht, Testamentsvollstreckung anzuordnen und einen oder mehrere Testamentsvollstrecker zu benennen.
Das läuft in der Regel darauf hinaus, dass eine zentrale Person definiert ist, die sich um den gesamten Nachlass und alle nötigen Formalitäten kümmert. Diese erarbeitet in Abstimmung mit den Erben einvernehmliche Lösungen und kann bei Bedarf Streitigkeiten schlichten. Der Erblasser kann dem Testamentsvollstrecker außerdem konkrete Vorgaben machen, und den Fortgang seines Erbes damit auch nach dem eigenen Ableben steuern. Die Testamentsvollstreckung ist also sehr flexibel einsetzbar.
Ist eine Testamentsvollstreckung für Sie sinnvoll?
Wenn Sie eine der folgenden Fragen mit Ja beantworten, haben Sie gute Gründe über eine Testamentsvollstreckung nachzudenken.
- Könnten Ihre Erben im Erbfall noch minderjährig sein?
- Setzt die Verwaltung Ihres Vermögens Kenntnisse oder Zeit voraus, die Ihre Erben nicht haben?
- Bereitet Ihnen die Nachlassabwicklung oder eine nötige Haushaltsauflösung Kopfzerbrechen?
- Erben unterschiedliche Persönlichkeiten, sodass Unstimmigkeiten oder Streit über das Erbe zu erwarten sind?
Nachfolgend zeigen wir Ihnen einige praktische Beispiele hierzu und beleuchten Lösungsmöglichkeiten im Rahmen der Testamentsvollstreckung, sowie mögliche Alternativen.
Nachlass für Kinder sinnvoll regeln
Die Nachlassregelung für Kinder betrifft Familien mit kleinen und mit heranwachsenden Kindern gleichermaßen. In beiden Fällen geht es darum, die Nachfolgegeneration sinnvoll an das Vermögen bzw. an das Erbe heranzuführen. Bei Minderjährigen kommt hinzu, die regelmäßig nicht erwünschte Einschaltung des Vormundschaftsgerichts im Rahmen der Verwaltung des Erbes zu vermeiden.
Dauervollstreckung
Dazu kann die Dauervollstreckung gem. § 2209 BGB zur Verwaltung des Nachlasses oder bestimmter Nachlassteile genutzt werden. Damit haben die Erben keinen unmittelbaren Zugriff auf das Erbe. Es wird durch den Testamentsvollstrecker gemäß den Vorgaben im Testament verwaltet und zum Beispiel zur Finanzierung einer sinnvollen Ausbildung der Kinder genutzt. In der Praxis ist es sinnvoll, die Dauervollstreckung zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr der Kinder enden zu lassen, sodass sie dann frei über ihr Erbe verfügen können.
Berliner Testament
Alternativ wird häufig das sogenannte „Berliner Testament“ genutzt, in dem sich beide Elternteile zunächst gegenseitig als Alleinerben einsetzen, sodass sie auch im Erbfall allein über das Vermögen entscheiden können. Erst bei Tod des länger Lebenden erben die Kinder. Das hat allerdings erbschaftsteuerlicher Nachteile und hilft auch nur bei Tod eines Elternteils.
Nachlassabwicklung regeln mit Abwicklungsvollstreckung
Ein häufig genanntes Ziel von Erblassern ist, dass sie ihren Erben „geordnete Verhältnisse“ hinterlassen möchten. Das ist zum Beispiel ein Thema, wenn die Erben weit entfernt wohnen, eine Vielzahl von Personen als Erben vorgesehen sind oder wenn komplexe bzw. verwaltungsaufwändige Gegenstände zum Nachlass gehören.
Diese Gründe können die Erfassung und Sicherung des Nachlasses, die regelmäßig nötige Auflösung des Haushalts, die Erledigung der Formalitäten mit Amtsgericht und Finanzamt und die Verteilung sowie Umschreibung des Vermögens erschweren und zur Belastung für die Erben machen.
Abwicklungsvollstreckung
Hier können Sie die Abwicklungsvollstreckung (§ 2209 BGB) als Lösung nutzen. Der Testamentsvollstrecker hat dann die Aufgabe, den Nachlass zu übernehmen, gemäß Ihren testamentarischen Vorgaben zu verwalten und an die Erben und sonstigen Begünstigten zu verteilen. Er ist unter anderem zur Nachlasssicherung, zur Erstellung eines Nachlassverzeichnisses, zur Begleichung von Schulden einschließlich anfallender Erbschaftsteuern und zur Verteilung des Erbes an die testamentarisch Begünstigten verpflichtet.
Streit vermeiden mit Testamentsvollstrecker
Sehr häufig werden im Testament mehrere Personen als Erben eingesetzt. Das hat zur Folge, dass alle Erben mit Ihrem Erbteil am Nachlass beteiligt sind. Sie müssen den Nachlass gemeinsam verwalten und untereinander aufteilen.
Doch das ist äußerst streitanfällig und kann auf den Testamentsvollstrecker als neutrale oder zentrale Instanz übertragen werden. Auch hier ist die Abwicklungstestamentsvollstreckung das Mittel der Wahl.
Je nach Vermögenssituation und gewünschter Erbverteilung sind aber auch andere Maßnahmen zur Friedenssicherung vorstellbar. Zum Beispiel, indem nur eine Person als Erbe eingesetzt wird und die übrigen Begünstigten mit Vermächtnissen bedacht werden. Ein Vermächtnis ist ein Vermögensgegenstand oder ein Geldbetrag, der vom Erben herauszugeben ist. Oder durch eine Teilungsanordnung, mit der Vermögensgegenstände unter den Erben zugeordnet werden. Dabei ist allerdings auch die Bewertung zu regeln und bei der Bemessung der Erbteile zu bedenken.
Vermögen schützen
Manchmal besteht die Sorge, dass Erben ihre Erbschaft nicht richtig verwalten werden, sodass Vermögenssubstanz dahinschmilzt und das Erbe auf Dauer untergeht. Viele Erblasser wünschen sich dagegen eine langfristige finanzielle Absicherung der Erben aus dem aufgebauten Vermögen, und denken ebenfalls über die Anordnung einer Testamentsvollstreckung nach.
Dauertestamentsvollstreckung
Ist im Testament die bereits erwähnte Dauertestamentsvollstreckung vorgesehen, kann der Vollstrecker das Vermögen im Erbfall treuhänderisch übernehmen, sinnvoll bzw. im Sinne des Erblassers verwalten und den Erben angemessene laufende Zahlungen zukommen lassen. Auch hier kann die Testamentsvollstreckung also gute Dienste leisten. Zu beachten ist, dass die Dauer der Vollstreckung auf max. 30 Jahre begrenzt sein kann (§ 2210 BGB).
Vererben von schwer veräußerbarem Vermögen und Familienstiftung
Eine weniger einschneidende Alternative ist, „finanziell unzuverlässigen Erben“ schwer veräußerbare Vermögenswerte zu vererben. Zum Beispiel Immobilien, Gesellschaftsanteile oder auch Rentenversicherungen. Dieser Schutz funktioniert allerdings nur, wenn die Erben zumindest bei Grundsatzentscheidungen die langfristigen Folgen ihres Tuns bedenken. Noch nachhaltiger als die Testamentsvollstreckung wirkt die Gründung einer Familienstiftung. Dann können Sie das Vermögen dauerhaft auf die Stiftung übertragen und dort eine sinnvolle Verwaltung des Stiftungsvermögens organisieren. Ihre Begünstigten – zum Beispiel Ihre Abkömmlinge – können Sie dann als Destinatäre der Stiftung einsetzen, sodass sie Ausschüttungen aus der Stiftung erhalten. Über die Verwaltung des Vermögens und vorzunehmende Ausschüttungen entscheidet der Vorstand der Stiftung, in der Regel in einem von Ihnen definierten Rahmen.
Tipp: Maßnahmen zum Vermögensschutz sollten sensibel überlegt sein. Welche Lösung am besten passt, ist von den involvierten Persönlichkeiten und dem vorhandenen Vermögen abhängig.
Gutes tun mit einer Stiftung als Erben
Zu guter Letzt sei erwähnt, dass die Testamentsvollstreckung auch nützlich ist, wenn Sie eine Stiftung als Erben einsetzen. Stiftungen sind organisatorisch selten darauf vorbereitet, den Nachlass zu sichern und abzuwickeln sowie ggf. den Haushalt aufzulösen. Wir empfehlen, dies bereits bei der Testamentserrichtung zu prüfen und ggf. einen Testamentsvollstrecker mit den nötigen Aufgaben zu betrauen, sodass Ihr Erbe gut bei der gewünschten Organisation ankommt und sinnvoll eingesetzt werden kann.
Wie wird der Testamentsvollstrecker ernannt?
Die Testamentsvollstreckung muss durch eine Verfügung von Todes wegen angeordnet werden. In der Regel durch Testament. Denken Sie bei der Formulierung an folgende Punkte:
- Wen benennen Sie zum Testamentsvollstrecker?
- Welche Aufgaben hat der Testamentsvollstrecker?
- Wofür gilt die Testamentsvollstreckung?
Sie können den gesamten Nachlass oder nur einzelne Erbteile bzw. Vermächtnisse der Testamentsvollstreckung unterstellen. Ebenso können Sie Vermögensteile bzw. Tätigkeiten von der Testamentsvollstreckung ausnehmen, z.B. weil diese sehr persönlich und deshalb bei den Erben bzw. in der Familie bleiben sollen.
- Treffen Sie eine Regelung zur Vergütung.
Denken Sie daran, dass Ihr Nachlass sorgfältig verwaltet werden sollte und dass der dafür nötige Zeitaufwand angemessen zu vergüten ist. Der deutsche Notarverein hat mit der „neuen Rheinischen Tabelle“ zum Beispiel eine Vergütungsstruktur entwickelt, die in der Praxis anerkannt ist. Die Grundvergütung ist hier nach dem Vermögensumfang gestaffelt und liegt bei 1,5 % bis 4 % des Nachlasswertes.
Tipp: Häufig ist es sinnvoll, dem Testamentsvollstrecker zur Erledigung einzelner Aufgaben die Einschaltung von Hilfspersonen zu erlauben. Eine einzelne Person kann nie alle notwendigen Tätigkeiten professionell umsetzen.
Wer ist als Testamentsvollstrecker geeignet?
Prinzipiell kann jede natürliche oder juristische Person, die in vollem Umfang geschäftsfähig ist, als Testamentsvollstrecker bestellt werden. Damit können Sie einen vertrauten Rechtsanwalt, Steuerberater, nahestehende Personen oder auch Ihre Hausbank für die Vollstreckung Ihres letzten Willens in Betracht ziehen.
Wichtig sind Zuverlässigkeit und Alter der benannten Person. Da es sich um eine sehr verantwortungsvolle Tätigkeit handelt, sind Qualifikation und Ihr persönliches Vertrauen in den Testamentsvollstrecker elementar. Auch sollte die Person im Erbfall zur Übernahme der Aufgabe bereit und in der Lage sein. Ist der oder die Benannte dann im fortgeschrittenen Alter, kann davon nicht immer ausgegangen werden. Gegebenenfalls ist deshalb die Benennung einer juristischen Person – z.B. einer Bank – vorteilhaft.
Achtung: Benennen Sie Miterben zum Testamentsvollstrecker, heben Sie diese Person gegenüber den übrigen Erben deutlich heraus. Bedenken Sie deshalb mögliche Konflikte, die daraus innerhalb der Erbengemeinschaft entstehen könnten. Vielleicht ist aber auch genau das in Ihrem Fall sinnvoll. Zum Beispiel, wenn Sie Ihren überlebenden Ehegatten als Testamentsvollstrecker einsetzen, der gemeinsam mit Ihren Kindern erbt.
Fazit
Mit der Testamentsvollstreckung können Sie wichtige Weichen für Ihr Vermögen im Erbfall stellen. Sie können Ihren Erben die Nachlassabwicklung damit deutlich erleichtern, Ihren Erben aber auch Grenzen setzen. Das sollte gut überlegt sein.
Machen Sie Ihre Entscheidungen davon abhängig, was Sie mit Ihrem Testament wirtschaftlich erreichen möchten. Hierfür ist eine Nachfolgeplanung nützlich, in der Sie Ihre Vorstellungen konkretisieren und wirtschaftliche Auswirkungen auch in verschiedenen Szenarien durchspielen können.
Haben Sie Fragen hierzu? Sprechen Sie uns an – denn mit guter Planung sind Sie langfristig besser beraten.
Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!
Christian Hirschbolz
Certified Financial Planner (CFP)
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Jörg Felix Witte
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