Immobilien
8. November 2023 / Stefan Schneider
Steigende Zinsen, hohe Bau- und Materialkosten: Wie sind die Aussichten am Immobilienmarkt?
Es ist längst in allen Medien und Schlagzeilen angekommen, dass sich am Immobilienmarkt in den letzten Monaten die Rahmenbedingungen und Koordinaten verändert haben. Die Anzahl an negativen Schlagzeilen übertreffen die wenigen positiven Meldungen, und doch bin ich geneigt zu sagen: Bitte genau hinsehen, denn am Horizont gibt es Licht. Ja, wir durchlaufen gerade am Immobilienmarkt sicherlich eine kurze Durststrecke, ausgelöst von einem Zinsanstieg, der in seiner Geschwindigkeit und absoluten Höhe den Markt in eine Schockstarre versetzt hat und auch in seinem Verlauf historisch war.
Wie kam es zur Krise am Immobilienmarkt?
Gestiegene Bau- und Finanzierungskosten
Die Fremdkapitalkosten für Immobilienprojekte sind für Unternehmen sehr teuer geworden, einhergehend mit den weiterhin hohen Bau- und Materialkosten. Viele Projekte wurden darüber hinaus variabel finanziert und ohne die richtigen Absicherungsmaßnahmen schlug der Zinseffekt hart in die Bücher. Zusätzliche Unsicherheit für Immobilieninvestoren und Projektentwickler brachte der starke Einbruch am Transaktionsmarkt mit sich.
Denn auch die Kapitalanleger und Privatinvestoren, welche in den vergangenen Jahren die Produkte gerne gekauft haben, haben mit den hohen Finanzierungskosten des Immobiliendarlehens zu kämpfen. Die Inflation hat das verfügbare Einkommen gekürzt und die teilweise Verdreifachung der monatlichen Annuität sind Gründe für den Umsatzeinbruch am Transaktionsmarkt.
Hohe regulatorische Vorgaben bei Immobilienvorhaben
Bedenkt man nun auch noch die große Trägheit in den Genehmigungsverfahren der Behörden und hohe regulatorische Anforderungen, ist es nur logisch, dass viele Projekte auf Eis liegen oder aktuell schlicht und ergreifend abwartend gehandelt wird. Ich glaube aber, dass es trotz der beschriebenen Herausforderungen stichhaltige Argumente gibt, die dem Immobilienmarkt mehr Chancen als Risiken einräumen.
Das Ende der Hausse am Immobilienmarkt?
Die Immobilienpreise sind in den letzten Monaten gefallen und vor allem in energetisch schlechten Gebäudeklassen merkt man höhere Abschläge in den Preisen. Die lange Hausse von über einem Jahrzehnt und der damit einhergehende Verkäufermarkt haben sich mit den oben beschriebenen Herausforderungen schnell zu einem Käufermarkt entwickelt. Dieser hat bei einem Rückgang der aktiven Käufer viel Angebot auf den Markt gespült. Es ist daher nur logisch, dass die Preise bei dieser Gemengelage kurzzeitig unter Druck geraten.
Ausblick auf die Entwicklung am Immobilienmarkt
Mangel an Wohnraum wird sich noch verstärken
Doch blicken wir einmal aus der Vogelperspektive, ohne kurzfristige Emotionen auf die kommenden Monate und Jahre. Wir haben in Deutschland schon seit Langem ein Defizit an verfügbarem und dringend benötigtem Wohnraum, vor allem in den großen Metropolen und Speckgürteln. Die Bundesregierung spricht gerne von der sagenumwobenen Zahl von 400.000 fehlenden Wohnungen p. a. in der gesamten Republik. Wenn Sie mich fragen, ist diese Zahl nicht mehr aktuell und aufgrund der großen Zuwanderung in unser Land und einem Nettowachstum der Bevölkerung muss sie deutlich nach oben korrigiert werden. Wir haben dieses Ziel die letzten Jahre permanent verfehlt. Teilweise konnten im Jahr keine 300.000 Wohnungen dem Markt zugeführt werden.
„Der aktuell fast schon den ganzen Markt betreffende Stillstand an neuen Projekten wirkt wie ein Brandbeschleuniger für das soziale Problem des verfügbaren und dann vor allem auch bezahlbaren Wohnraums der kommenden Jahre.“
Die genehmigten Projekte, welche aktuell nicht begonnen werden, stehen dem Wohn- oder Mietmarkt in zwei Jahren nicht zur Verfügung.
Mietpreise steigen in den Metropolen
Es gibt eine einfache marktwirtschaftliche Regel, die die Preise bestimmt: Angebot und Nachfrage. Die knappe und in ihrer Verfügbarkeit in Metropolen noch stärker eingeschränkte Kapazität an freien Wohnungen lässt aktuell die Mieten schon deutlich steigen. Hinzu kommt, dass viele gut verdienende Haushalte, welche die letzten Jahre eher auf der Käuferseite zu finden waren, aufgrund des gestiegenen Zinsniveaus nun auf dem Mietmarkt zu finden sind. Dies verschärft vor allem den sozialen Frieden hinsichtlich dieses Themas. Wohnen ist nicht substituierbar.
Anreize zum Wohnungsbau
Blickt man nun auf die Seite der Immobilienbesitzer und Vermieter, kann man schon jetzt deutlich sehen, dass trotz des kurzzeitigen Drucks auf die Immobilienpreise die Renditen und Erträge in den Portfolien aufgrund der beschriebenen Situation deutlich ansteigen werden. Bleibt nur zu hoffen, dass die Politik im Mietbereich nicht wieder mit aktivistischen regulatorischen Maßnahmen die Problematik weiter verschärft. Sinnvoller wäre es, Hand in Hand mit der Wohnungswirtschaft gemeinsam am Problem zu arbeiten und den Mangel an verfügbarem Wohnraum zu bekämpfen. Hier muss mit schnellerem Antragsverfahren und deutlicher Erleichterung der Bauvorschriften gearbeitet werden.
Doch das allein reicht bei Weitem nicht! Sinnvolle Fördermöglichkeiten für die Immobilienunternehmen (auch für den sozialen Wohnungsbau) und ein eventuell subventionierter Zins sind Instrumente. Eine Erhöhung der Abschreibungsmöglichkeiten für Privatinvestoren und eine Abschaffung der Grunderwerbsteuer für Eigenheimkäufer sind sicherlich zusätzliche Werkzeuge, die hier durchdacht werden können und müssen. Schaffung von Wohnraum muss attraktiv werden und bleiben, dann wird auch wieder ein Markt in Bewegung kommen. Die aktuell diskutierten Themen rund um das Energiegesetz und die Sanierung im Bestand gießen hier teilweise weiter Öl ins Feuer.
Energie- und Bestandssanierung bei Immobilien
Der Gebäudesektor ist laut Umweltbundesamt für rund 40 Prozent des Energieverbrauchs in Deutschland verantwortlich, weshalb die Immobilienbranche im Fokus politischer Bemühungen zur Reduzierung klimaschädlicher Emissionen steht. Viele Immobilienbesitzer beachten zu wenig, dass Immobilien- und Heizungsinvestitionen langfristig anzulegen sind. Welche Energiequellen mittel- und langfristig verfügbar sind und wo sich dann die Preise einpendeln, ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen allerdings kaum seriös zu beantworten. Auch wenn diese Erkenntnis in der Politik langsam anzukommen scheint, bleibt die Frage, was jetzt sinnvoll getan werden kann.
„Hoher Handlungsbedarf besteht bei Häusern, die vor den 1980er-Jahren errichtet wurden, wobei bereits erfolgte Sanierungen wie z. B. Dämmung, Fensteraustausch oder Erneuerungen der Heizungsanlage zu berücksichtigen sind.“
Die Finanzierbarkeit dieser Maßnahmen ist unter den aktuellen Rahmenbedingungen schwierig und deshalb ist es noch wichtiger, auch hier zielgerichtete
Förderungen und Maßnahmen zu platzieren, um die gemeinsame Herausforderung, den Gebäudebestand energetisch zu ertüchtigen, zu meistern. Der Bereich der Bestandsanierung leidet, wie der Neubau auch, unter den gestiegenen Bau- und Fremdkapitalkosten.
Fazit: Kein Schreckensszenario am Immobilienmarkt
Zusammenfassend bleibt zu sagen, dass die aktuelle, kurze Schocksituation am Immobilienmarkt sicherlich genau und risikoabwägend betrachtet werden muss, aber die Parameter für die kommenden Monate und Jahre kein Schreckensszenario abzeichnen. Wichtig wird es sein, einen Schulterschluss der Wohnungswirtschaft und der Politik mit den privaten Investoren zu schaffen, um gemeinsam zielgerichtet für verfügbaren und bezahlbaren Wohnraum zu kämpfen und die Ziele der Klimaneutralität im Gebäudebestand erreichen zu können. Nur durch ein wirkliches Miteinander können der soziale Frieden erhalten und eine positive Klimabilanz des Gebäudesektors erreicht werden.
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