Märkte mit Mumm
5. Dezember 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Das Kapitalmarktumfeld im November: von Politik überlagert
Die US-Präsidentschaftswahl und das Ende der Ampel-Regierung in Deutschland bestimmten im November die Schlagzeilen. Für Erleichterung an den Kapitalmärkten sorgte zunächst die Klarheit des Wahlausgangs in den USA, wodurch Neuauszählungen, juristische Auseinandersetzungen oder sogar Ausschreitungen vermieden werden konnten. Von der künftigen US-Administration unter Donald Trump wird ein grundsätzlich wirtschaftsfreundlicher Kurs erwartet, wenngleich die Zusammensetzung seiner künftigen Regierungsmannschaft sowie die Aussicht auf eine Verschärfung von Handelskonflikten und schwer kalkulierbare Entscheidungen im geopolitischen Kontext anhaltend für Verunsicherung sorgen.
In Deutschland fehlen abgesehen von der Erwartung vorgezogener Neuwahlen im Februar weiterhin positive Impulse vonseiten der Politik. Konjunktur-Frühindikatoren fielen entsprechend wieder schwächer aus. So gaben sowohl die HCOB-Einkaufsmanagerindizes für Deutschland und die Eurozone als auch das ifo-Geschäftsklima nach. Der anhaltende Auftragsmangel im Verarbeitenden und im Baugewerbe belastet immer stärker auch industrienahe Dienstleistungsbereiche. Der November-Bericht der Bundesagentur für Arbeit belegt zudem eine nachlassende Dynamik am Arbeitsmarkt. Zwar sank die Arbeitslosenquote leicht. Saisonbereinigt stieg die Zahl der Arbeitslosen jedoch an, während die Arbeitskräftenachfrage sank. Immer mehr Unternehmen planen einen Abbau der Beschäftigung oder setzen verstärkt auf Kurzarbeit, wie das ifo-Beschäftigungsbarometer verdeutlichte. Vor diesem Hintergrund gab auch das GfK-Konsumklima zuletzt nach. Viele Menschen sparen verstärkt aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit.
Im politischen Fokus stand zuletzt auch Frankreich. Der Minderheitsregierung von Premierminister Michel Barnier droht ein Misstrauensvotum, wenn die Verhandlungen zum künftigen Haushalt scheitern sollten. Derweil wurde die neue EU-Kommission vom Europäischen Parlament bestätigt. Zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz im Libanon wurde ein befristeter Waffenstillstand vereinbart.
Die Inflationsdaten fielen überwiegend etwas höher aus. So stiegen die US-Verbraucherpreise im Oktober um 2,6 Prozent. Trotzdem senkte die US-Notenbank Fed kurz nach der Wahl die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte. In Deutschland legte die Teuerung im November auf 2,2 Prozent zu, wobei Dienstleistungspreise mit 4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr erneut überdurchschnittlich anstiegen. Der preisniveausenkende Effekt tieferer Energiepreise hingegen fiel geringer aus.
Zinsen: teils deutlich tiefer
Die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe fiel im Monatsverlauf um rund 0,3 Prozentpunkte auf 2,09 Prozent p.a. Auch bei griechischen und italienischen Staatsanleihen sanken die Verzinsungen deutlich. Weniger stark gaben hingegen die Renditen für französische Staatsanleihen nach, so dass die Risikoprämie (Renditedifferenz im Vergleich zu Bundesanleihen) im Zehnjahresbereich bis auf 0,82 Prozentpunkte anstieg. Die Rendite einer US-Staatsanleihe mit zehn Jahren Restlaufzeit notierte Ende November mit 4,18 Prozent p.a. ebenfalls tiefer.
Aktien: differenziertes Bild
US-Aktien legten unmittelbar nach der Präsidentschaftswahl deutlich zu. So stieg der Standwerteindex S&P 500 im Monatsvergleich um 5,7 Prozent. der Index der größten deutschen Aktiengesellschaften DAX konnte um knapp 3 Prozent zulegen, während der MDAX der mittelgroßen Unternehmen und ebenso der EURO STOXX 50 leicht verloren. Chinesische Aktien des CSI 300 tendierten seitwärts. Der japanische Aktienindex NIKKEI 225 gab um gut 2 Prozent nach.
Währungen: Euro schwächer
Der Euro verlor im Vergleich zum US-Dollar erneut deutlich und notierte am Monatsende bei knapp 1,06 EUR/USD. Auch gegenüber dem britischen Pfund, dem japanischen Yen und dem Schweizer Franken wertete der Euro teilweise stark ab. Im Vergleich zum Franken erreichte die Gemeinschaftswährung Mitte November einen Allzeittiefstand bei knapp 0,93 EUR/CHF.
Rohstoffe: Gold und Rohöl schwächer
Der Goldpreis rutschte nach den reibungslos verlaufenen US-Wahlen zunächst deutlich ab und fiel unter die Marke von 2.600 US-Dollar, um bis zum Monatsende wieder leicht auf 2.650 Dollar zu steigen. Der Preis für ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent fiel moderat auf 72,92 US-Dollar, u.a. weil sowohl die USA als aus Saudi-Arabien künftig mehr Öl auf den Weltmärkten anbieten könnten.
Krypto-Anlagen: steil aufwärts
Kräftige Kursaufschläge waren bei Bitcoin & Co. zu verzeichnen, nachdem sich Donald Trump zuletzt sehr positiv zu Krypto-Assets geäußert hatte. Kurz nach seinem Wahlsieg kündigte der Chef der US-Wertpapieraufsicht SEC, Gary Gensler, der dem Segment sehr kritisch gegenüberstand, seinen baldigen Rücktritt an. So legte der Bitcoin-Kurs im Monatsvergleich um knapp 40 Prozent zu. Ether stieg um knapp 50 Prozent, während andere Token noch deutlich größere Kursgewinne zu verzeichnen hatten.
Implikationen für Anleger
Der November war einer der besten Monate in einem bisher insgesamt sehr chancenreichen Kapitalanlagejahr 2024. Allerdings haben sich einzelne Segmente teils sehr unterschiedlich entwickelt. Ganz vorn auf der Performance-Rangliste waren die sogenannten „Trump-Trades“ zu finden, also die Anlagen, die mutmaßlich besonders von den politischen Akzenten der kommenden US-Präsidentschaft profitieren werden, vor allem Krypto-Assets, US-Aktien und der Dollar. Demgegenüber gab es mit dem Euro, vielen europäischen, japanischen und Schwellenländeraktien sowie Gold und Silber aber auch klare Verlierer. Nicht alle Anleger dürften daher eine zufriedenstellende Monats-Wertentwicklung zu verzeichnen haben. Aber es ist auch nicht sicher, dass die aktuellen Trends sich ohne weiteres fortsetzen werden. Grundsätzlich dürfte die Differenzierung zwischen und innerhalb von Anlagesegmenten zwar anhalten – vielleicht sogar jahrelang – aber es ist immer wieder mit Favoritenwechseln zu rechnen. Denn die allgegenwärtigen Krisen und damit zusammenhängend veränderte gesellschaftliche Wertvorstellungen, politische Konzepte und internationale Arbeitsteilung zwingen Unternehmen und Volkswirtschaften zu teils drastischen Kurswechseln bzw. zur Transformation bestehender Geschäftsmodelle. Diese fundamentalen Veränderungen werden zwangsläufig Verlierer, aber auch Gewinner hervorbringen.
Erfolgreich wird sein, wer eine vorbehaltlose Status-Quo-Analyse zulässt, ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft zeigt und notwendige Anpassungen konsequent umsetzt.
Agilität und Technologieoffenheit werden in diesem Prozess Schlüsselfaktoren sein. Um die Chancen zu nutzen, werden Anleger werden in diesem Umfeld stärker als sonst die jeweils aktuellen Entwicklungen beobachten und ihre Kapitalanlage entsprechend anpassen müssen.