Wochenrückblick am Kapitalmarkt
23. Februar 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Wochenrückblick Kapitalmarkt – Ende Februar 2024
Der leicht nachgebende HCOB-Einkaufsmanagerindex signalisiert eine weiter sinkende Produktion in Deutschland. Dabei ist insbesondere die deutlich schlechtere Stimmungslage in der Industrie – mit weiter schwachen Auftragseingängen und einem ausgeprägten Auftragsmangel – für den Rückgang verantwortlich. Bei Dienstleistern hingegen verbesserte sich die Stimmungslage, wenngleich ebenfalls bei sinkender Produktion. Hier stiegen die Einkaufpreise jedoch merklich, vor allem durch deutliche Lohnsteigerungen. Die Beschäftigung blieb in beiden Segmenten auf hohen Niveaus. Getrieben durch Dienstleister und passend zu unserer Erwartung einer leichten zyklischen Konjunkturerholung stiegen die künftigen Geschäftsaussichten vieler Unternehmen leicht an. Demgegenüber konnten die Einkaufsmanagerindizes in Frankreich und der Eurozone deutlich zulegen, wenngleich die schwachen Perspektiven der deutschen Unternehmen den gesamteuropäischen Blick eintrübten. Trotzdem macht sich für Europa ein stärkeres Gewicht der Dienstleistungssektoren positiv bemerkbar. In Großbritannien bietet sich ein mit Deutschland vergleichbares Bild: eine trübe Stimmungslage in der Industrie im Vergleich zu allerdings deutlich positiven Erwartungen für Dienstleister mit der Indikation einer derzeit steigenden Produktion.
Die schwache Verfassung der deutschen Wirtschaft spiegelt sich mittlerweile auch in einer nachgebenden Kapazitätsauslastung wider. Der bereits seit Anfang 2018 bestehende Abwärtstrend hat sich zuletzt beschleunigt und die Auslastung nähert sich der Marke von 80 Prozent – einem Wert der zuletzt im Herbst 2020 erreicht wurde. Positiver Nebeneffekt ist, dass der Inflationsdruck weiter nachlässt, so dass die Wahrscheinlichkeit einer ersten Leitzinssenkung durch die EZB im April weiter zunimmt.
In den USA hingegen verharren die Inflationsraten angesichts der sehr robusten konjunkturellen Entwicklung auf weiterhin hohen Niveaus. Sowohl für die Industrie als auch für Dienstleistungen rangieren auch die aktuellen Einkaufsmanagerindizes jeweils oberhalb der Expansionsmarke von 50 Punkten. Die Erzeugerpreise, ein wichtiger Vorausindikator für die Verbraucherpreise stiegen entsprechend an. Zudem ist in den kommenden Monaten – unter der Annahme gleichbleibender Ölpreisnotierungen – nicht länger mit einem inflationssenkenden Preis-Basis-Effekt durch Energiepreise zu rechnen. Auch wenn sich die von der US-Notenbank Fed besonders fokussierten PCE-Preisindizes langsam dem Inflationsziel von 2 Prozent nähern, bleibt aber die Annahme, dass eine erste Leitzinssenkung nicht vor Juni erfolgen wird.
In China mehren sich die Anzeichen für eine stärkere geld- und fiskalpolitische Unterstützung der Wirtschaft angesichts einer anhaltend schwachen Wachstumsdynamik. So senkte die chinesische Notenbank jüngst den für Immobilienkredite maßgeblichen Leitzins recht deutlich auf 3,95 Prozent. Weitere Maßnahmen dürften folgen.
Sowohl der Zentrale Immobilienausschuss (ZIA) Deutschlands als auch das ifo-Institut im Rahmen einer Studie zum europäischen Bausektor warnen vor einer deutlich rückläufigen Bautätigkeit im Segment Wohnen. Dadurch wird sich das ohnehin bereits erhebliche Unterangebot weiter verschärfen, und Mieten werden weiter steigen. Auch die Immobilienpreise dürften sich in diesem Segment nach der zinsinduzierten Preisanpassung im Laufe des Jahres 2024 stabilisieren und ab 2025 wieder zulegen. Allerdings birgt der zunehmend fehlende Wohnraum immer stärkeren sozialen Sprengstoff. Daher sollte sich die Politik auch diesem Themenfeld dringend widmen und den Bau von Wohnraum stärker forcieren.