Wochenrückblick
07. Oktober 2022
Die globale Wachstumsdynamik nimmt weiter ab. So wird auch kommende Woche der Internationale Währungsfonds (IWF) – im Rahmen des „World Economic Outlook“ – die Wachstumsprognosen für 2023 erneut nach unten korrigieren. Kritalina Georgieva, Managing Director des IWF, betonte erst kürzlich, dass Staaten, die insgesamt für rund ein Drittel der weltweiten Wertschöpfung stehen, in den kommenden Monaten mindestens zwei Quartale negativen Wachstums aufzeigen werden. Zudem betonte sie, dass Menschen selbst bei positivem Wachstum das Gefühl einer Rezession haben werden, weil angesichts der global erhöhten Inflationsraten die Realeinkommen sinken werden.
Für Deutschland und die Eurozone steht die Rezession für das im Winterhalbjahr bereits fest. Die Frage ist lediglich, wie hoch diese ausfallen wird. Dafür maßgeblich ist, ob es zu Rationierungen von Gas kommen wird, was wiederum entscheidend davon abhängt, wie sich die Nachfrage entwickeln wird. Wie im Winter üblich, wird der Gasverbrauch privater Konsumenten in den kommenden Monaten steigen und in etwa genauso stark ausfallen wie der Verbrauch der Industrie. Daher ist besonders relevant, ob es gelingt, den privaten Verbrauch im Vergleich zu den Vorjahren deutlich zu drosseln. In diesem Zuge wird entscheidend sein, ob der Winter eher hart oder mild ausfällt.
Ein anhaltendes Stagflationsszenario wie in den 70er-Jahren ist trotzdem unwahrscheinlich. Dafür sind die Notenbanken heute viel besser in der Lage Inflationserwartungen abzuschätzen. Zudem haben sie mittlerweile weltweit den Kampf gegen die Inflation ganz oben auf ihre Prioritätenliste gesetzt und agieren entsprechend und Löhne steigen nicht automatisch im Zuge erhöhter Inflationsraten durch eine in den 70ern übliche Indexierung. Zuletzt droht derzeit keine Massenarbeitslosigkeit mit der Folge einer anhaltenden Konsumschwäche, da demografische Entwicklungen für einen anhaltenden Arbeitskräftemangel sorgen werden.
Auch an den internationalen Devisenmärkten zeigen sich inzwischen die Auswirkungen der verschiedenen Krisen- und Belastungsfaktoren. So ist der US-Dollar gegenüber nahezu allen anderen Währungen deutlich im Aufwind und hat mittlerweile Niveaus erreicht, die teilweise seit Jahrzehnten nicht gegeben waren. Im Vergleich zur chinesischen Währung Yuan bspw. notiert der Dollar auf einem 15-Jahreshoch, gegenüber dem Britischen Pfund und dem japanischen Yen wurde sogar ein 25- bzw. 40-Jahreshöchststand erreicht. Die Gründe für diese Entwicklung sind vor allem die Flucht vieler Anleger in den sicheren Hafen US-Dollar, die stark steigende US-Zinsen und die vergleichsweise robuste konjunkturelle Situation in den USA. Allerdings spielen auch regionale Probleme einzelner Volkswirtschaften eine Rolle, wie bspw. die unsichere konjunkturelle Perspektive Chinas vor dem Hintergrund der anhaltenden Null-COVID-Strategie und des angeschlagenen Immobilienmarktes, die geplante deutliche Neuverschuldung der britischen Regierung oder die Bedrohung Europas durch eine mögliche weitere Eskalation des Ukrainekonfliktes. Für die weitere Perspektive ist damit entscheidend, wie die US-Notenbank Fed ihren geldpolitischen künftig ausrichten wird. Trotz zuletzt überschrittener Nominalinflationsspitze, dürfte man in den USA aber zumindest im laufenden Jahr an dem sehr restriktiven Kurs festhalten und es bleibt die Erwartung von zwei weitere Leitzinsanhebungen bis zum Jahresende. Die weitere Vorgehensweise im kommenden Jahr wird dann von den wirtschaftlichen und Inflationsaussichten am Jahresanfang abhängen.
Auch die USA können an einer weiteren deutlichen Aufwertung des Dollar kein Interesse haben, denn sie erhöht die Gefahr zusätzlicher Turbulenzen in der Realwirtschaft und an den Kapitalmärkten, bspw. durch importierte Inflation in Europa oder durch mögliche Refinanzierungsprobleme von Schwellenländern. Es ist daher davon auszugehen, dass Politik und Notenbanken in den kommenden Monaten versuchen werden, eine weitere Aufwertung der US-Währung einzugrenzen.