04.02.2022
Vorerst weiter ultra-expansiver geldpolitischer Kurs
Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde berichtete in Ihrer heutigen Pressekonferenz, dass die Anleihekäufe im Rahmen des PEPP-Programms im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal noch einmal reduziert werden und das Programm Ende März ausläuft. Die Wiederanlage fälliger Wertpapiere erfolgt bis mindestens Ende 2024. Im Gegenzug wird das APP-Wertpapierkaufprogramm auf 40 Mrd. Euro monatlich im zweiten Quartal aufgestockt, um das Volumen im dritten Quartal auf 30 und im vierten Quartal auf 20 Mrd. Euro monatlich zu reduzieren. Die Wiederanlage erfolgt hierbei noch weit über den Zeitpunkt der ersten Leitzinsanhebung hinaus.
Auf der Suche nach Orientierung
Zum möglichen Zeitpunkt einer Leitzinsanhebung verwies Lagarde lediglich auf die nächste Sitzung des EZB-Rats im März, bei der auf Basis der dann vorliegenden aktualisierten Projektionen für Wachstum und Inflation neu entschieden wird. Erste Indikationen dazu konnte man allerdings zwischen den Zeilen heraushören. So rechnet Lagarde mit einer deutlichen Wachstumsbeschleunigung ab dem 2. Quartal und daraus resultierend mit höheren Einkommen und steigenden Ausgaben der Haushalte. Gleichzeitig konstatierte sie, dass die Inflation im Januar überraschend hoch ausfiel und dass die Preissteigerungsraten wohl länger erhöht bleiben als bisher erwartet, aber im Jahresverlauf wieder sinken sollten. Es bestehe ein Risiko, dass noch länger mit erhöhten Inflationsraten zu rechnen sei, so Lagarde und der EZB-Rat sei besorgt über die hohe Inflation und deren soziale Auswirkungen, v.a. auf Bezieher geringerer Einkommen.
Ein Kurswechsel könnte zu spät kommen
Dass die Notenbank trotzdem weiter zögert, zumindest verbal klarer auf die Risiken persistent hoher Inflationsraten hinzuweisen und nicht unmissverständlich verdeutlicht, dass man sich auf deren Bekämpfung einrichte, ist ein gefährliches Spiel. Damit passt die Reaktion nicht zur eigenen Analyse der Situation und überlässt dem Markt einiges an Interpretationsspielraum. Jede Woche erhöhter Inflationsraten und jeder neue überraschend hohe Wert, wie bspw. heute beim Anstieg der Erzeugerpreise in der Eurozone um 26,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bedeutet eine Verfestigung der Inflationserwartungen und erhöht die Gefahr sich nach oben richtender Lohn-/Preisspiralen. Wenn diese einmal losgelöst sind, sind sie nur schwer wieder einzufangen und die Notenbank müsste ggf. umso stärker auf die geldpolitische Bremse treten, womöglich noch in diesem Jahr. Die unmittelbare Marktreaktion untermauerte dieses Szenario: deutlich steigende Zinsen, ein festerer Euro und nachgebende Aktienkurse zeugen von zunehmender Unsicherheit über den geldpolitischen Kurs und könnten wegweisend für die kommenden Wochen sein. Die Erwartungen für die nächste Ratssitzung im März sind enorm hoch.