11.05.2018
Die vorerst letzte Chance für den US-Dollar …
… bevor der Euro wieder steigt
Die jüngsten Daten zur Entwicklung der Verbraucherpreise in Deutschland und den USA untermauern den Trend der letzten Wochen: die Teuerungsraten dies – und jenseits des Atlantiks laufen auseinander.
Inflationsraten nicht mehr im Gleichlauf
Der vorläufige Harmonisierte Verbraucherpreisindex für Deutschland stieg im Vergleich zum Vorjahr um 1,4% und etwas geringer als von Analysten erwartet. Demgegenüber stiegen die aus den persönlichen Konsumausgaben der US-Verbraucher abgeleiteten Preise (PCE Deflator) um 2,0% im Vorjahresvergleich. Die Kernrate ohne die schwankungsreicheren Komponenten Nahrungsmittel und Energie lag mit 1,9% nur knapp darunter. In der Eurozone hingegen erreichte dieser Wert im März gerade einmal 1,0%. Für die bevorstehende Veröffentlichung der April-Daten am Donnerstag rechnen Experten mit 0,9%.
Die Preisdaten sind damit ein Spiegelbild der in den letzten Jahren zumeist dynamischeren konjunkturellen Entwicklung und der stärker steigenden Konsumausgaben in den USA. Beide wurden durch die Ende 2017 verabschiedete Steuerreform noch einmal zusätzlich befeuert.
Steigt die Inflation, steigen die Zinsen
Die Inflation ist für Notenbanken ein wesentlicher Einflussparameter für die Ausrichtung ihrer Geldpolitik. Wenn die Preissteigerung deren Zielzone übertrifft, sind Leitzinserhöhungen wahrscheinlicher. Bei längeren Laufzeiten werden die Zinsen direkt von den Inflationsdaten beeinflusst. Höhere Preissteigerungsraten bedeuten für Anleger eine sinkende Realrendite (nominaler Zins abzgl. Inflation). Als Inflationsausgleich müssen die Nominalzinsen steigen.
Stark anziehende US-Zinsen…
Der in den USA höhere Inflationsdruck lässt die US-Zinsen stärker steigen. Das ist zwar schon seit 2016 der Fall, allerdings verliefen die Inflationsraten bis Ende 2017 zumindest parallel. Seitdem steht aber einer Dynamisierung der inflationären Tendenzen in den USA ein nachlassender Preisdruck in Europa gegenüber. In diesem Zuge überstieg Rendite einer zehnjährigen US-Staatsanleihe in der letzten Woche kurzzeitig die psychologisch und charttechnisch wichtige Marke von 3,0% p.a. Verglichen mit der Rendite deutscher Bundesanleihen in Höhe von 0,57% p.a. ergibt sich eine Zinsdifferenz von etwa 2,4%. Im zweijährigen Laufzeitenbereich liegt der Renditeunterschied sogar bei gut 3%.
…lassen den US-Dollar aufwerten
Anlegersicht attraktiver, wird entsprechend mehr nachgefragt und wertet auf. Entscheidend für den Wechselkurs ist jedoch nicht der aktuelle Zinsunterschied, sondern die Veränderung der Differenz. Wenn diese aufgrund der jüngsten Inflationszahlen weiter ansteigt, dürfte der US-Dollar im Vergleich zum Euro aufwerten. Nachdem gerade die untere Linie der seit Mitte Januar bestehenden Handelsspanne zwischen 1,22 und 1,25 EUR/USD unterschritten wurde, geriet die Marke von 1,20 EUR/USD in den Blick. Bei einem nachhaltigen Unterschreiten könnte die Notierung bis auf 1,17 oder auch 1,15 EUR/USD fallen.
Zukünftig spricht einiges für den Euro
Abgesehen von der aktuellen Inflations- und Zinsentwicklung sprechen perspektivisch jedoch die meisten Argumente für den Euro. Der Konjunkturzyklus ist in den USA weiter fortgeschritten und dürfte sich nach dem Auslaufen der stimulierenden Wirkungen der Steuerreform daher eher abschwächen – auch wegen der höheren US-Zinsen. Ein weiterer Abbau der mit 8,5% noch immer vergleichsweise hohen Arbeitslosigkeit in der Eurozone bringt hierzulande erst noch konjunkturelle Impulse. Sollte die konjunkturelle Dynamik in den USA eher nachlassen als in Europa, werden dort auch die Zinsen und damit die aktuell hohe Zinsdifferenz sinken. Hinzu kommt die durch geringere Steuereinnahmen und steigende Ausgaben zunehmende Verschuldung des US-Staatshaushaltes, die den US-Dollar zusätzlich schwächt.
Unter der Annahme, dass die Eskalation eines globalen Handelskriegs – der wegen der höheren Exportabhängigkeit vor allem die Eurozone treffen würde – vermieden werden kann, dürfte es sich bei der jüngsten Euroschwäche also nur um ein kurzzeitiges Luftholen für die anstehende Aufholjagd handeln. Diese könnte die Gemeinschaftswährung im Laufe der kommenden 12 bis 18 Monate bis auf 1,30 EUR/USD oder darüber hinaus tragen. Anlagestrategien, die US-Dollar-Investments berücksichtigen, bedürfen also eines guten währungsbezogenen Risikomanagements.