03.09.2020
Das Kapitalmarktumfeld im August
wirtschaftliche Erholung und Notenbanken im Fokus
Die wirtschaftliche Erholung nach dem Corona-Schock setzte sich global weiter fort. In China belief sich das Wachstum der Industrieproduktion im Juli mit einem Plus in Höhe von 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr wieder nahe dem Vorkrisenniveau. Noch verhaltener hingegen ist die Zunahme des privaten Konsums mit im Juli weiterhin fallenden Einzelhandelsumsätzen (-1 Prozent im Vorjahresvergleich). Zuletzt wurden jedoch zusätzliche Lockerungen bestehender Einschränkungen vermeldet, die den sozialen Konsum, bspw. Kinobesuche, beleben werden.
In Europa und den USA nahm die Zuversicht der Unternehmen aus dem Verarbeitenden Gewerbe angesichts relativ stabiler Corona-Neuinfektionszahlen zuletzt spürbar zu. Sowohl Einkaufsmanagerindizes, als auch Auftragseingänge und Exportstatistiken deuten eine Wiederbelebung der weltweiten Handelsaktivitäten und damit der Nachfrage nach Maschinen, Anlagen und Fahrzeugen an. Nach wie vor nur zaghafte Erholungstendenzen gibt es hingegen in einigen Dienstleistungsbranchen zu verzeichnen, vor allem in den Sektoren Reisen und Veranstaltungen. Zudem stehen viele Unternehmen weiterhin unter hohem Kostendruck, so dass vielfach mit dem Abbau von Belegschaften geplant wird. In Deutschland wird die Kurzarbeitsregelung entsprechend weiterhin von 53 Prozent aller Industrie-Unternehmen in Anspruch genommen. In den USA werden nach wie vor etwa 1 Mio. Neuanträge auf Arbeitslosenunterstützung pro Woche verzeichnet.
Angesichts der teils unsicheren Einkommens- und Beschäftigungsperspektiven kam der private Konsum auch in den westlichen Industrienationen bisher nur zögerlich voran. Konsumentenstimmungsindikatoren hatten sowohl in den USA als auch in Deutschland zuletzt sogar wieder Rückschläge zu verzeichnen.
Die größte Unbekannte bei der Bemessung der durch die Corona-Pandemie bedingten sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen bleiben die Schwellenländer. In den Statistiken der gemeldeten Fallzahlen liegen Brasilien, Russland, Indien und andere aufstrebende Volkswirtschaften dicht hinter den USA bei einer allerdings sehr hoch anzunehmenden Dunkelziffer.
Weitere Unterstützung für die Kapitalmärkte kam auch im August von der Fiskal- und Geldpolitik. Zwar konnten sich Republikaner und Demokraten in den USA bisher noch nicht auf die Verabschiedung eines weiteren Konjunkturpaketes einigen, allerdings kündigte US-Präsident Trump per Dekret die weitere Unterstützung von Arbeitslosen, Mietern und Studenten an. Vor allem aber lag der Fokus auf der Ankündigung von Seiten der US-Notenbank Fed, künftig sowohl einen voll ausgelasteten Arbeitsmarkt als auch ein Überschießen der Inflationsrate über das Ziel von etwa 2 Prozent hinaus länger zu tolerieren. An den Kapitalmärkten wurde dies als Ankündigung eines weiterhin und noch lange anhaltenden ultra-expansiven Kurses der Geldpolitik interpretiert.
Zinsen: anhaltend tief
Die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe stieg im August leicht von -0,56 auf -0,39 Prozent p.a. Auch in den USA zog die Verzinsung einer Staatsanleihe mit 10 Jahren Restlaufzeit um etwa 20 Basispunkte auf 0,71 Prozent p.a. an, nachdem einige Marktteilnehmer offensichtlich kurzfristig eine höhere Wahrscheinlichkeit für steigende Inflationsraten angesichts des weiterhin expansiven Kurses der Fed eingepreist hatten. Vorerst sorgte aber genau diese global expansive Geldpolitik für anhaltend niedrigste Renditen in nahezu allen Anleihesegmenten.
Aktien: Liquiditäts-Hausse
Die Kurse an den internationalen Aktienmärkten wurden einerseits durch eine besser als erwartet verlaufene Berichtssaison der Unternehmen zum 2. Quartal beflügelt. Offensichtlich wurden die Erwartungen durch Analysten angesichts der unsicheren Auswirkungen der Corona-Pandemie im Vorwege zu weit herabgestuft. Zudem befeuerte die Aussicht auf weitere und anhaltende Unterstützung durch Fiskal- und Geldpolitik weltweit die Kursentwicklung. Der deutsche Leitindex DAX konnte in diesem Zuge um über 5 Prozent zulegen und notierte Ende August nur noch knapp unter 13.000 Punkten. Die US-Aktienindizes S&P 500 und NASDAQ 100 erreichten – vor allem getrieben durch die großen Technologietitel – sogar neue Allzeithöchststände.
Währungen: Euro seitwärts
Der Euro notierte im Vergleich zum US-Dollar nach einer deutlichen Aufwertung im Vormonat Ende August kaum verändert bei 1,19 EUR/USD.
Rohstoffe: Rohöl und Gold weiter gefragt
Der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent stieg mit der Aussicht auf eine weitere konjunkturelle Erholung leicht auf 45,70 US-Dollar. Ein neues Allzeithoch bei 2.063 US-Dollar hatte hingegen der Goldkurs Anfang August zu verzeichnen. Auch wenn die Notierungen bis zum Monatsende wieder unter die Marke von 2.000 US-Dollar fielen, bleiben die „sicheren Häfen“ der Kapitalanlage offensichtlich weiterhin gefragt.
Implikationen für Anleger
Klassische fundamentale und volkswirtschaftliche Zusammenhänge spielen bei der Kursfindung an den internationalen Kapitalmärkten derzeit nur noch eine untergeordnete Rolle. Weitaus mehr Beachtung finden geld- und fiskalpolitische Ankündigungen, v.a. wenn es sich um Konjunkturpakete, Wertpapierkaufprogramme oder langfristig angekündigte geldpolitische Ausrichtungen geht. Und tatsächlich sind es derzeit ja auch vor allem diese Stützungsmaßnahmen, die einen noch heftigeren Einbruch der Weltkonjunktur und der Börsennotierungen verhindert haben. Allerdings wurden besonders an den Aktienmärkten mittlerweile teilweise historisch hohe Bewertungsmaßstäbe erreicht. Trotzdem agieren Anleger nicht irrational, wenn sie weiterhin Aktien kaufen, denn ein nahe der Nulllinie manifestiertes Zinsniveau rechtfertigt eben auch höhere Kursniveaus bei zinssensitiven Anlageklassen, wie Aktien oder Immobilien, die zudem auch noch positive Cash-Flows generieren. Es ist zwar davon auszugehen, dass manche Notierung künftig auch einmal wieder deutlich korrigieren wird – dafür sprechen allein schon technische Signale wie sehr hohe Abstände zu langfristigen Durchschnitten. Damit dürfte sich die für Aktienmärkte übliche Schwankungsbreite nach unten auch wieder einmal zeigen. Grundsätzlich bleiben aber alle realen Kapitalanlagen inkl. Edelmetallen durch die Niedrigzinsen unterstützt, während Zinsanlagen selbst immer mehr als attraktiver Renditebaustein ausfallen.