Märkte mit Mumm
6. November 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Das Kapitalmarktumfeld: auf Wahlkampf fokussiert
Im Oktober verbesserte sich die Stimmung in der deutschen Industrie erstmals seit sechs Monaten. Der ifo-Geschäftsklimaindex stieg um 1,1 auf 86,5 Punkte, wobei sowohl die aktuelle Lage als auch die Erwartungen der Unternehmen positiver bewertet wurden. Trotz Anzeichen einer möglichen Stabilisierung fehlt es der Industrie jedoch weiterhin an neuen Aufträgen. Die Exporterwartungen fielen laut ifo-Institut den fünften Monat in Folge – insbesondere die Automobil- und Metallindustrie erwarten ein weiter rückläufiges Auslandsgeschäft. Im deutschen Dienstleistungssektor verbesserte sich die Stimmung dagegen deutlich, auch weil Konsumenten angesichts steigender Realeinkommen eine erhöhte Kaufbereitschaft zeigten. Trotz Herausforderungen konnte die deutsche Volkswirtschaft im dritten Quartal unerwartet um 0,2 Prozent wachsen. Vonseiten der Bundesregierung wurden verschiedene Vorhaben für eine Unterstützung der Wirtschaft bekannt gegeben, die allerdings bisher noch nicht konkretisiert werden konnten.
Die Verbraucherpreise stiegen in Deutschland im Oktober um 2,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat nach 1,6 Prozent im September. Trotzdem senkte die Europäische Zentralbank (EZB) die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte in der Annahme, dass der Teuerungsdruck künftig weiter nachlassen sollte.
In den USA lag das Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal bei rund 0,6 Prozent, unterstützt durch kräftige Lohnzuwächse und solide Beschäftigungszahlen, die den privaten Konsum stärkten. Jüngste Umfragen unter Unternehmen lassen insbesondere für den Dienstleitungssektor ein weiterhin dynamisches Wachstum erwarten. Die US-Inflation sank im September auf 2,4 Prozent. Die Kerninflation – ohne Lebensmittel- und Energiepreise – stieg leicht von 3,2 Prozent im August auf 3,3 Prozent. Der mediale Fokus lag in den USA und weltweit allerdings auf dem sich zuspitzenden Präsidentschaftswahlkampf, deren Ausgang Ende Oktober noch völlig offen war.
Die chinesische Regierung kündigte weitere fiskalische Unterstützungsmaßnahmen an. Unter anderem soll der seit rund zwei Jahren im Preisabschwung befindliche Immobilienmarkt stabilisiert werden. Eine deutliche Zunahme der Konjunkturdynamik ist allerdings bisher noch nicht erkennbar, zumal die Europäische Union Zusatzzölle für chinesische E-Autos in Kraft setzte und die Exportaussichten damit weiter gedämpft wurden.
Zinsen: steigend
Die Renditen von Staatsanleihen stiegen in der Eurozone und den USA teils deutlich an. Eine zehnjährige Bundesanleihe rentierte Ende Oktober mit 2,39 Prozent p.a., während die Rendite der US-Anleihe auf 4,28 Prozent p.a. anzog. Mit einer anhaltend erhöhten Risikoprämie im Vergleich zu Bundesanleihen notierten französische Staatsanleihen bei 3,14 Prozent p.a., obwohl mittlerweile eine neue Regierung unter Premierminister Michel Barnier formiert wurde.
Aktien: Konsolidierung
An den internationalen Aktienbörsen waren im Oktober überwiegend Verluste zu verzeichnen. Der deutsche Leitindex DAX gab um 1,4 Prozent auf 19.077 Punkte nach, während der europäische Aktienindex EURO STOXX 50 knapp 3,5 Prozent verlor. US-Aktien des S&P 500 Index gaben um 1 Prozent nach.
Währungen: Euro schwächer
Der Euro verlor im Vergleich zum US-Dollar deutlich und notierte am Monatsende bei knapp 1,09 EUR/USD. Fester hingegen entwickelte sich die Gemeinschaftswährung gegenüber dem britischen Pfund und dem japanischen Yen. Der Yen gab im Vergleich zum US-Dollar sogar gut 6 Prozent nach.
Rohstoffe: Gold auf Rekordkurs, Rohöl fester
Der Preis für ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent stieg leicht auf 73,19 US-Dollar. Der Goldpreis hingegen legte um 4 Prozent zu und erreichte Ende Oktober erneut ein Rekordhoch bei 2.738 Dollar. Mit gut 8 Prozent noch deutlicher ging es für den Silberpreis nach oben.
Krypto-Anlagen: gemischtes Bild
Während der Kurs des Bitcoin um mehr als 10 Prozent auf 70.281 US-Dollar zulegen konnte, tendierte Ether nur seitwärts. Für die potenziellen Ethereum-Konkurrenz-Blockchains Cardano und Solana gab es deutliche Kursverluste bzw. ein leichtes Plus zu verzeichnen.
Implikationen für Anleger
Im Oktober konnten angesichts des allgegenwärtigen Fokus auf den teilweise skurril verlaufenen US-Präsidentschaftswahlkampf kaum andere marktrelevante Nachrichten durchdringen. Abhängig davon, wie lange die Feststellung eines amtlichen Ergebnisses der Wahl dauert und wie sich Gewinner bzw. Verlierer danach verhalten, könnte es kurzfristig turbulenter an den internationalen Kapitalmärkten zugehen. Im Laufe der kommenden Wochen dürften aber wieder fundamentale Daten sowie die Zinsentwicklung eine größere Rolle spielen. Dabei ist notenbankinduziert mit deutlich sinkenden Zinsen bei kürzeren Laufzeiten zu rechnen. Zusammen mit der Aussicht auf eine konjunkturelle Erholung der Eurozone und einer weiterhin robusten US-Konjunktur stehen die Chancen für Aktien damit grundsätzlich nicht schlecht. Möglichweise könnte es in diesem Kontext zu einem Favoritenwechsel kommen, durch den Segmente, die sich in den letzten drei Jahren schlechter entwickelt haben als der Markt, aufholen können, bspw. zins- und konjunktursensitive kleinere und mittlere Unternehmen. Zudem dürften in einem Umfeld sinkender Zinsen, anhaltend hoher geopolitischer Risiken und voraussichtlich stark steigender Staatsverschuldungen Edelmetalle und einige Krypto-Anlagen eine hohe Nachfrage erfahren. Das größte Risiko deutlicherer Kursverluste entsteht aus der Möglichkeit weiterer Eskalationen der Konflikte in Israel und der Ukraine sowie des Handelsstreits zwischen China und den USA.