Märkte mit Mumm
3. November 2022
Das Kapitalmarktumfeld: konjunktureller Tiefpunkt erkennbar
Die globalen wirtschaftlichen Perspektiven bleiben für das Winterhalbjahr schwach, wie der jüngste „World Economic Outlook“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) untermauerte.
„Etwa ein Drittel der Weltwirtschaft wird demnach in eine Rezession abrutschen.“
Angesichts zumeist erhöhter Inflationsraten und daraus resultierend sinkender Reallöhne werden aber auch andere Regionen ausgebremst. Aktuelle Umfragen unter Unternehmen und Konsumenten in Deutschland unterstreichen die kurzfristig sehr schwierige Situation. So sank zuletzt das ifo-Beschäftigungsbarometer, Unternehmen planen also weniger Neueinstellungen. Aufgrund des zu erwartenden Konsumeinbruchs – der GfK-Konsumklimaindex wurde erneut nahe historischer Tiefpunkte veröffentlicht – und der sinkenden Investitionsnachfrage planen Unternehmen zudem weniger Preiserhöhungen als in den vergangenen Monaten. Da parallel die Erzeugerpreise weiter anstiegen – in Deutschland im September um mehr als 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – werden die Unternehmensgewinne im laufenden vierten Quartal wohl unter Druck geraten.
Allerdings gibt es auch erste zaghafte Anzeichen dafür, dass der Tiefpunkt der negativen Stimmungslagen erreicht sein könnte. So stiegen die Einkommenserwartung und die Anschaffungsneigung privater Konsumenten gemäß GfK-Veröffentlichung zuletzt leicht an, wenn auch auf sehr niedrigen Niveaus. Laut ifo-Geschäftsklimaindex stabilisierten sich zudem de Geschäftserwartungen bei Dienstleistern und im Handel – ebenfalls auf sehr niedrigen Niveaus. Auch stiegen die Exporterwartungen der Unternehmen leicht an. Die ZEW-Umfrage unter Finanzanalysten ergab passend dazu eine sehr schwache aktuelle Geschäftslage, aber leicht verbesserte Geschäftserwartungen. In China hingegen überwiegen derzeit, auch infolge der Wiederwahl Xi Jinpings zum Staatschef und damit einer zunehmenden politischen Unberechenbarkeit, die wirtschaftlichen Risiken, während die US-Volkswirtschaft weiterhin relativ robust aufgestellt ist.
Die Europäische Zentralbank EZB erhöhte den Leitzins erneut um 0,75 Prozentpunkte auf jetzt 2,00 Prozent. Zudem ließ sie durchblicken, dass in der kommenden Dezembersitzung ein weiterer Zinsschritt erfolgen dürfte. Allerdings deuteten die Ausführungen von EZB-Präsidentin Lagarde darauf hin, dass die Notenbank künftig auch die starke wirtschaftliche Abkühlung in ihr Kalkül für den weiteren geldpolitischen Kurs mit aufnehmen wird und nicht mehr nur ausschließlich auf die Inflationsentwicklung achtet. Daher könnte ab 2023 zunächst eine Zinserhöhungspause eingelegt werden, um die weitere Wachstums- und Inflationsentwicklung abzuwarten
Zinsen: gemischtes Bild
Die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe stieg leicht auf 2,14 Prozent p.a. an. Italienische Pendants entwickelten sich stabil und rentierten Ende Oktober mit 4,30 Prozent p.a., nachdem zwar die neue Regierung unter Ministerpräsidentin Meloni einen deutlichen Rechtsruck bedeutet, sich aber vorerst klar zur Europäischen Union bekannte. In Großbritannien brachte der Rücktritt von Premierministerin Liz Truss und die Wahl ihres Nachfolgers Rishi Sunak weitere Entspannung mit der Folge sinkender Renditen. US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Restlaufzeit rentierten hingegen am Monatsende leicht höher bei 4,05 Prozent p.a.
Aktien: überwiegend steigend
Im Oktober wurde deutlich, dass erwartete realwirtschaftliche Entwicklungen an den Aktienmärkten einige Monate im Voraus eingepreist werden. Obwohl viele konjunkturelle Frühindikatoren auf Krisenniveaus rangieren, konnte der deutsche Leitindex DAX daher mehr als 9 Prozent zulegen. Zur Entspannung dürfte auch beigetragen haben, dass die Gefahr einer Gasmangellage im Winter angesichts fast vollständig gefüllter Gaslager und einem nur moderaten Verbrauchsanstieg gesunken ist und dass zaghafte Anzeichen eines künftig weniger restriktiven geldpolitischen Kurses durch die EZB zu vernehmen waren. Auch US-Aktien des S&P 500 legten mit knapp 8 Prozent deutlich zu.
Währungen: stabiler Euro
Der Euro stieg gegenüber dem US-Dollar leicht und notierte Ende Oktober bei 0,99 EUR/USD. Auch im Vergleich zum Schweizer Franken und zum Yen wertete der Euro auf. Im Vergleich zum britischen Pfund hingegen verlor die Gemeinschaftswährung leicht auf 0,86 EUR/GBP.
Rohstoffe: Gold schwächer, Rohöl erholt
Der Preis für eine Feinunze Gold gab auf 1.638 US-Dollar nach. Der Preis für ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent stieg hingegen auf 95,84 US-Dollar, nachdem die OPEC eine Förderkürzung ab November beschlossen hatte.
Krypto-Assets: überwiegend positiv
Viele Krypto-Assets setzten ihren seit Mai dieses Jahres begonnenen Stabilisierungskurs fort, zumeist jedoch ohne bisher eine neue nennenswerte Aufwärtsdynamik entwickeln zu können. So notiert der Bitcoin weiterhin in der Nähe der Marke von 20.000 US-Dollar, wobei Ende Oktober 20.600 Dollar erreicht wurden. Der nach Marktkapitalisierung zweitgrößte Kryptowert Ethereum hatte im Monatsverlauf sogar einen deutlichen Kurssprung von 1.300 auf über 1.500 US-Dollar zu verzeichnen, liegt damit aber noch immer rund 60 Prozent unter dem Höchstkurs aus dem Jahr 2021.
Implikationen für Anleger
Es bleibt dabei, Anleger sollten konstruktiv bleiben, sich nicht aufgrund scheinbar überbordender Risiken von den Börsen verabschieden, sondern die Entwicklungen genau beobachten sowie passende Positionierungen für die Zeit nach den diversen akuten Krisenszenarien erarbeiten und in Teilen auch schon umsetzen. Wie im Oktober deutlich wurde, werden bessere Erwartungen für die Zukunft bereits frühzeitig eingepreist und die Kurse beginnen schon mitten in der Krise zu steigen. Keineswegs kann deshalb ausgeschlossen werden, dass in den kommenden Wochen nicht doch noch neue Jahrestiefstkurse erreicht werden, dafür sind die potenziellen Risikofaktoren einfach zu bedeutend. Allerdings deutet sich bereits an, dass die Chancen angesichts der aktuellen Kursniveaus gegenüber den weiteren Risiken überwiegen.