Das Kapitalmarktumfeld: Flaschenhals-Rezession und steigende Preise
03.11.2021
Börsen im Oktober- heiter bis wolkig
Das Kapitalmarktumfeld: Flaschenhals-Rezession und steigende Preise
Als „Flaschenhals-Rezession“ bezeichnet das ifo-Institut die derzeitige Lage der deutschen Industrie, die weiterhin von Produktionsdrosselungen aufgrund anhaltender Lieferengpässe und Knappheiten bei Transportkapazitäten ausgebremst wird. In der Folge sank schon im August die Industrieproduktion um 4,7 Prozent, während die Exporte um 1,2 Prozent nachgaben. Seit kurzem sind zudem sinkende Auftragseingänge zu verzeichnen, vor allem für Investitionsgüter aus dem außereuropäischen Ausland. Der Hintergrund dürfte unter anderem die sich weiter abkühlende Wachstumsdynamik in China, dem nach den USA zweitwichtigsten Abnehmer deutscher Exporte sein. Dort legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal nur noch um 0,2 Prozent zu. Sowohl die Wachstumsraten der Industrieproduktion als auch der Anlageinvestitionen gaben in China erneut nach. Lediglich die Einzelhandelsumsätze fielen mit einem Plus in Höhe von 4,4 Prozent im September etwas besser aus als im Vormonat. Da in Deutschland zuletzt auch die Geschäftserwartungen im Bereich der Dienstleistungen und im Handel rückläufig waren, ist nach einem BIP-Wachstum in Höhe von 1,8 Prozent im dritten nur noch eine leicht positive Dynamik im vierten Quartal zu erwarten. In den USA hingegen deuteten die jüngsten Umfragen unter Unternehmen sowohl im Verarbeitenden Gewerbe als auch bei Dienstleistern auf eine wieder zunehmende Zuversicht mit Blick auf die weiteren Geschäftsaussichten hin. Global ist gemäß des kürzlich veröffentlichten „World Economic Outlook“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) für das kommende Jahr aber weiterhin die Wiederaufnahme des dynamischen Nach-Corona-Wachstumspfads zu erwarten. Bestehende Lieferkettenprobleme sollten sich demnach im Laufe des ersten Halbjahres 2022 sukzessive auflösen.
Die aktuell besonders hohe Auslastung kritischer Kapazitäten sorgt weltweit weiterhin für deutlich steigende Produktionskosten. So legte der Erzeugerpreisindex in Deutschland allein im September um 2,3 Prozent zu, so stark wie zuletzt 1974. Auch auf Ebene der Verbraucherpreise sind weiter anziehende Inflationsraten zu verzeichnen, in Deutschland bis auf 4,5 Prozent im Oktober, in der Eurozone bis auf 4,1 Prozent. Trotzdem unterstrich die Europäische Zentralbank (EZB) nach ihrer letzten Ratssitzung erneut, dass sie von nur vorübergehend erhöhten Preissteigerungen ausgehe.
Zinsen: nur bei längeren Laufzeiten fallend
Die Rendite einer zehnjährigen deutschen Staatsanleihe stieg im Oktober auf -0,11 Prozent p.a. Bei Laufzeiten ab 15 Jahren gaben die Renditen hingegen leicht nach. So rentierte eine 30-jährige Bundesanleihe Ende Oktober bei 0,14 Prozent p.a. nur noch leicht im positiven Bereich. Eine zehnjährige US-Staatsanleihe hatte mit 1,56 Prozent p.a. ebenfalls leicht ansteigende Renditen zu verzeichnen. Angesichts der aktuellen konjunkturellen Schwächephase stiegen zudem Risikoprämien für Unternehmens- und Staatsanleihen in der Eurozone.
Aktien: überwiegend steigend
Der Deutsche Aktienindex DAX hatte im Oktober ein Kursplus in Höhe von knapp 3 Prozent zu verzeichnen und notierte am Monatsende bei 15.580 Punkten. Deutlich stärker erholten sich die Kurse der größten Unternehmen der Eurozone mit einem Anstieg des EURO STOXX 50 um 5 Prozent. US-Aktien des S&P 500 legten sogar um knapp 7 Prozent zu. Mit 4.573 Punkten notierte der US-Index Ende Oktober sogar nahe seines kurz zuvor erreichten Allzeithöchststandes. Unterstützt wurden globale Aktien durch eine bisher vielfach positive verlaufene Berichtssaison zu den Unternehmensgewinnen im dritten Quartal.
Währungen: Euro stabilisiert
Der Euro konnte sich im Vergleich zum US-Dollar nach deutlicheren Verlusten in den Vormonaten stabilisieren und notierte Ende Oktober bei knapp 1,17 EUR/USD. Gegenüber dem Schweizer Franken gab der Euro hingegen bis unter die Marke von 1,06 EUR/CHF nach.
Rohstoffe: Gold und Rohöl mit Kursgewinnen
Der Goldpreis erholte sich leicht auf 1.800 US-Dollar pro Feinunze. Weiter deutlich nach oben ging es hingegen für die globalen Rohölnotierungen. So stieg der Kurs für ein Barrel der Nordseesorte Brent im Monatsverlauf auf 85,75 US-Dollar und damit auf den höchsten Stand seit 2014. Nach wie vor kann die nur langsame Ausweitung des Angebots nicht mit dem konjunktur- und saisonal bedingten Anstieg der Nachfrage Schritt halten. Sowohl Saudi-Arabien und Russland als auch die USA und andere fördern noch immer deutlich weniger als vor der Corona-Krise.
Krypto-Assets: deutlich steigend
Die Kurse vieler Krypto-Assets konnten im Oktober deutlich zulegen. Bitcoin stieg von unter 50.000 auf 61.309 USD, während Ethereum im Monatsverlauf von etwa 3.400 auf ein neues Allzeithoch bei mehr als 4.400 USD anstieg. Positiv wirkte unter anderem die Zulassung des ersten Bitcoin-Indexfonds (ETF) durch die US-Börsenaufsicht SEC nachdem diese in den letzten Monaten einige Male verschoben wurde.
Implikationen für Anleger
Auch wenn die Geldpolitik vieler Notenbanken vorerst weiter (ultra-) expansiv ausgerichtet bleibt und tief negative Realzinsen die Nachfrage nach risikobehafteten Anlagen hochhalten, deutet sich an den internationalen Börsen eine zunehmende Risikosensitivität an. Vor allem die voraussichtlich unmittelbar bevorstehende Ankündigung einer Reduktion des Volumens der monatlichen Wertpapierkäufe (Tapering) durch die US-Notenbank Fed und der damit verbundene mögliche Leitzinserhöhungspfad ab dem zweiten Halbjahr 2022 dürften weitere deutliche Aktienkursgewinne vorerst verhindern. Andere Notenbanken haben bereits noch konkreter einen weniger expansiven geldpolitischen Kurs angekündigt, bspw. Die Bank of Canada mit einem Stopp der Wertpapierkäufe und der Aussicht auf Leitzinsanhebungen im Jahresverlauf 2022. Zudem verunsichern die anhaltenden globalen Produktionsprobleme, regional wieder deutlich ansteigende Corona-Fallzahlen und die stark gestiegenen Inflationsperspektiven Unternehmen und Verbraucher. Auf der Zinsseite wurden neben dem inflationsbedingten Renditeanstieg zuletzt besonders bei italienischen und griechischen Staatsanleihen sowie einigen Unternehmensanleihen – bspw. aus dem Immobiliensektor – höhere Risikoprämien eingepreist. Beide Entwicklungen dürften angesichts vorerst weiter anziehender Inflationsraten auch in den kommenden Wochen anhalten. Anstatt einer ausgeprägten Jahresendrallye bei Aktien dürften in diesem Umfeld eher alternative Investments wie Edelmetalle oder Krypto-Assets in den Fokus rücken.
Carsten Mumm
Carsten Mumm, Leiter Kapitalmarktanalyse und Chefvolkswirt bei DONNER & REUSCHEL, fasst regelmäßig die Markt- und Meinungslage für Sie zusammen.
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