Märkte mit Mumm
08. Dezember 2022
Das Kapitalmarktumfeld: Hoffnung auf milde Rezession
Aus konjunktureller Sicht haben sich die kurzfristigen Perspektiven für Deutschland und viele europäische Staaten auf niedrigen Niveaus leicht verbessert. Vor allem ist die Chance weiter gestiegen, dass eine Gasmangellage und damit die Rationierung von Energie im Winter vermieden werden kann. Die Gaslager sind auch Ende November nahezu vollständig gefüllt, während die Gasnachfrage in Deutschland weiterhin deutlich hinter dem Durchschnitt der letzten Jahre zurückliegt. Zwar sind die Gaspreise an der Rohstoffbörse in Amsterdam zuletzt wieder leicht gestiegen, notieren aber immer noch mehr als 50 Prozent tiefer als Ende August. Da die Durchreichung der im Vergleich zur Vorkrisenzeit nach wie vor stark erhöhten Preise an die Endverbraucher jedoch erst begonnen hat, belasten steigende Energiepreise vorerst weiter die private Konsumnachfrage und die Investitionsbereitschaft von Unternehmen. Entsprechend schwach, aber immerhin leicht verbessert, fielen im November die Umfrageergebnisse des GfK-Konsumklimaindex und des ifo-Geschäftsklimaindex aus. Auch die Veröffentlichungen der S&P Global Einkaufsmanagerindizes verdeutlichen eine sehr schwierige aktuelle Lage der befragten Unternehmen, aber leicht verbesserte Geschäftserwartungen für die kommenden Monate. Dazu beitragen dürfte, dass im Zuge der globalwirtschaftlichen Abkühlung eine Entlastung der seit zwei Jahren angespannten Lieferketten erkennbar wird und Rohstoffpreise bereits deutlich nachgegeben haben. Entsprechend fielen auch die für Oktober vermeldeten Erzeugerpreise in Deutschland überraschend deutlich um 4,2 Prozent im Vergleich zum Vormonat. Immerhin leicht sanken im November die Inflationsraten in Deutschland und der Eurozone auf jeweils 10 Prozent.
Eingetrübt haben sich demgegenüber die wirtschaftlichen Aussichten in den USA und in China mit jeweils nachgebenden und mittlerweile eine sinkende Produktion anzeigenden Einkaufsmanagerindizes. Während die US-Volkswirtschaft durch stark steigende Zinsen, sinkende Immobilienpreise und hohe Verbraucherpreise ausgebremst wird, belastet in China vor allem die angesichts rekordhoher Corona-Neufallzahlen weiterhin strikte Anwendung der Null-COVID-Strategie mit großflächigen Lockdowns die Wirtschaft.
Die US-Notenbank Fed erhöhte Anfang November trotz erneut auf 7,8 Prozent nachgebender Inflationsrate noch einmal die Leitzinsen um 0,75 Prozentpunkte auf jetzt 3,75 bis 4,00 Prozent und kündigte für Dezember eine weitere Straffung der Geldpolitik an. Auch vonseiten der Europäischen Zentralbank (EZB) ist weiterhin eine Leitzinserhöhung im Dezember zu erwarten.
Zinsen: deutlich tiefer
Die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe sank von über zwei auf 1,89 Prozent p.a., bei einer Laufzeit von 30 Jahren sogar auf 1,70 Prozent p.a. Damit wurde mittlerweile auch in Deutschland eine in Rezessionsphasen nicht unübliche inverse Zinsstrukturkurve mit höheren Verzinsungen in kurzen Laufzeitenbereichen erreicht. Bei US-Staatsanleihen und im Segment der Unternehmensanleihen gaben die Renditen ebenfalls und teilweise deutlich nach.
Aktien: stark steigend
Viele Aktienindizes konnten im November nach bereits größeren Kursgewinnen im Oktober erneut deutlich zulegen. So stieg der deutsche Leitindex DAX um 8,6 Prozent auf knapp 14.400 Punkte. Sogar um knapp 10 Prozent konnte der Index der größten börsennotierten Unternehmen der Eurozone, der EURO STOXX 50, zulegen, während der US-Aktienindex S&P 500 um 5,4 Prozent anstieg. Erstmals seit Monaten stiegen auch Aktien aus Schwellenländern mit einem Plus des MSCI Emerging Markets Index von mehr als 10 Prozent deutlich an.
Währungen: festerer Euro
Der Euro konnte gegenüber dem US-Dollar um rund 4 Prozent zulegen und erreichte Ende November 1,03 EUR/USD. Nahezu unverändert notierte die Gemeinschaftswährung hingegen im Vergleich zum britischen Pfund mit 0,86 EUR/GBP, während der japanische Yen auf knapp 144 EUR/JPY aufwertete.
Rohstoffe: Gold fester, Rohöl schwächer
Der Preis für eine Feinunze Gold stieg im Zuge des abwertenden Dollar um 7 Prozent auf 1.750 US-Dollar. Der Preis für ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent hingegen gab angesichts zunehmender Konjunktursorgen deutlich auf 85,40 US-Dollar nach.
Krypto-Assets: geschockt
Das Segment der Krypto-Assets geriet im November durch die Insolvenz der Handelsplattform FTX erneut in heftige Turbulenzen. Allein durch den Kollaps der erst im April 2019 gegründeten, aber innerhalb kürzester Zeit rasant auf mehr als eine Million Kunden gewachsenen Krypto-Börse und angeschlossener Unternehmen könnte sich der Schaden für rund 100.000 Anlegerinnen und Anleger auf 10 bis 50 Milliarden US-Dollar belaufen. Hinzukommen als direkte Folge weitere Pleiten im Krypto-Segment, die aufgrund plötzlich aufgetretener Liquiditätsengpässe oder durch überbordende Verluste bereits entstanden sind oder noch folgen könnten. Auch der Bitcoin-Kurs gab ausgehend von gut 20.000 US-Dollar Ende Oktober zwischenzeitlich um 25 Prozent nach und notierte Ende November bei nur noch 17.000 Dollar. Ebenfalls sehr deutlich verloren Ethereum und die meisten anderen Krypto-Assets angesichts des enormen Vertrauensschadens für das gesamte Segment.
Implikationen für Anleger(innen)
Abgesehen von den Kurskapriolen bei Bitcoin & Co. war der November einer der erfolgreichsten Börsenmonate im laufenden Jahr, nachdem mit Aktien schon im Oktober deutliche Gewinne erzielt werden konnten. Vor allem sinkende Renditen – und damit Kursgewinne bei Anleihen – angesichts einer erhofften, künftig weniger restriktiven Gangart der Notenbanken sorgten für überraschend deutliche Kurszuwächse vieler Aktienindizes. Gold wurde zusätzlich durch einen schwächeren US-Dollar angetrieben. Damit haben seit Anfang Oktober einige im bisherigen Jahresverlauf maßgebliche Trends gewechselt und erhöhen die Wahrscheinlichkeit für weitere Gewinne bei Anleihen, Aktien, Euro und Edelmetallen. Allerdings ist davon auszugehen, dass der Optimismus vieler Anleger(innen) in den kommenden Monaten auch einmal wieder auf die Probe gestellt wird, wenn bspw. ab Januar verstärkte Gewinnrevisionen von Unternehmen im Zuge der konjunkturellen Abkühlung und der nachlassenden Möglichkeit, erhöhte Kosten auf den Endverbraucher durchzureichen, vermeldet werden. Auch geopolitische Entwicklungen könnten jederzeit für erneute Verunsicherungen sorgen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation des Taiwankonfliktes allerdings zuletzt gesunken, denn die chinesische Regierung dürfte mit dem weiterhin angeschlagenen Immobiliensektor, der außer Kontrolle geratenen Corona-Pandemie und den sozialen Unruhen derzeit mehr als genug Herausforderungen zu managen haben. Allerdings sind die konjunkturellen Perspektiven Chinas vor diesem Hintergrund vorerst deutlich eingetrübt. Da an den Börsen realwirtschaftliche Entwicklungen in der Regel rund sechs Monate im Voraus eingepreist werden und ab dem Frühjahr eine globale konjunkturelle Belebung in Aussicht steht, sind die Chancen für positive Entwicklungen auch in den kommenden Monaten nicht schlecht.