Märkte Mit Mumm
4. August 2022
Das Kapitalmarktumfeld: Rezessions-, Inflations- und Leitzinssorgen
Die US-Volkswirtschaft befindet sich in einer technischen Rezession, hat also zwei Quartale hintereinander mit einem negativen Wachstum zu verzeichnen, nachdem für das zweite Quartal ein deutliches Minus in Höhe von 0,9 Prozent (annualisiert) veröffentlicht wurde. In China reduzierte sich die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung sogar um 2,6 Prozent im Vergleich zum Vorquartal. Etwas besser hingegen entwickelten sich viele – vor allem dienstleistungsorientierte – Volkswirtschaften in Europa, wodurch die Eurozone ein positives Wachstum in Höhe von 0,7 Prozent erreichen konnte, während Deutschland lediglich ein Nullwachstum zu verzeichnen hatte.
Die weiteren Perspektiven für die globale Konjunkturdynamik haben sich zuletzt weiter eingetrübt. So sind die Markit/S&P Global-Einkaufsmanagerindizes für das Verarbeitende Gewerbe im Juli für die gesamte Eurozone und für Deutschland sowie für China unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten gerutscht und deuten damit einen schwachen Start in das dritte Quartal an. Auch der ifo-Geschäftsklimaindex gab zuletzt für die deutsche Industrie, den Dienstleistungssektor sowie den Handel und den Bau deutlich nach. Neben den bekannten Belastungen der Produktion durch anhaltende Lieferengpässe und hohe Energie- und Rohstoffpreise trübten sich die weiteren Geschäftsaussichten der Unternehmen vor allem durch drohende Gasrestriktionen weiter ein. Zwar kam es vorerst nicht zu einem kompletten Gaslieferstopp durch Russland nach der Wartung der Gaspipeline Northstream I, allerdings deutet eine anhaltende Drosselung der Liefermengen eine mögliche Unterversorgung spätestens im Winterhalbjahr an. Ebenfalls eingebrochen ist erneut die Konsumentenstimmung in den USA und in Deutschland, da steigende Lebenshaltungskosten den privaten Konsum immer stärker ausbremsen. Der für Deutschland relevante GfK-Konsumklimaindex fiel sogar auf ein neues Rekordtief.
In den USA wird die Konsumlaune zusätzlich durch bereits stark gestiegene Zinsen, die sich unter anderem negativ auf die Entwicklung der Hauspreise auswirken, gedämpft. So erhöhte die US-Notenbank Fed im Nachgang zur Veröffentlichung der Juni-Inflation in Höhe von 9,1 Prozent den Leitzins erneut um 0,75 Prozentpunkte auf 2,25 bis 2,50 Prozent.
Auch in der Eurozone stieg die Inflationsrate erneut an, im Juli auf 8,9 Prozent. Entsprechend erhöhte die Europäische Zentralbank EZB erstmals seit 2011 die Leitzinsen. Der Zinsschritt fiel dabei mit 0,50 Prozentpunkten stärker als allgemein erwartet aus. Gleichzeitig implementierte die Notenbank das „Transmission Protection Instrument“ (TIP), mit dem künftig auf zu stark steigende Zinsen einzelner Staaten der Eurozone durch fokussierte Wertpapierkäufe reagiert werden kann.
Zinsen: deutlich tiefer
Angesichts zunehmender Rezessionsgefahren und trotz steigender Leitzinsen gaben die Renditen bei Staatsanleihen vielfach nach. So rentierte eine zehnjährige Bundesanleihe Ende Juli bei nur noch 0,83 Prozent p.a. nachdem noch Mitte Juni ein neuer mehrjähriger Höchststand bei 1,82 Prozent p.a. erreicht wurde. Für italienische Staatsanleihen gleicher Laufzeit rutschte die Verzinsung unter die Marke von 3 Prozent p.a., für US-Staatsanleihen auf 2,67 Prozent p.a.
Aktien: stark erholt
Weltweit konnten Aktienindizes teilweise deutlich zulegen. Der deutsche Leitindex DAX stieg im Juli um 5,5 Prozent auf 13.484 Punkte, während US-Aktien des S&P 500 um 9,1 und der US-Technologieindex NASDAQ 100 um 12,4 Prozent zulegen konnten. Hintergrund waren neben bisher leicht über den Erwartungen liegenden Unternehmensgewinnen für das zweite Quartal vor allem die Hoffnung auf künftig weniger stark steigende Zinsen im Zuge der nachlassenden Wachstumsdynamik.
Währungen: schwächerer Euro
Der Euro gab im Vergleich zum US-Dollar erneut nach und fiel zwischenzeitlich unter die Parität von 1 EUR/USD. Ende Juli notierte die Gemeinschaftswährung bei 1,02 EUR/USD. Auch gegenüber dem Schweizer Franken wertete der Euro auf 0,97 EUR/CHF ab.
Rohstoffe: Gold und Rohöl schwächer
Der Preis für eine Feinunze Gold gab leicht auf 1.764 US-Dollar nach. Der Preis für ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent fiel zwischenzeitlich unter die Marke von 100 und notierte Ende Juli bei 105 US-Dollar.
Krypto-Assets
Auch für Bitcoin, Ethereum und viele andere Krypto-Assets ging es im Juli deutlich bergauf. Dabei legte der Kurs des Bitcoin um mehr als 20 Prozent auf 23.300 US-Dollar zu. Ethereum stieg sogar um über 60 Prozent auf 1.680 US-Dollar.
Implikationen für Anleger
Trotz weiter eingetrübter Perspektiven für die globale Konjunkturentwicklung in den kommenden Monaten konnten risikoreichere Anlagen, wie Aktien und Krypto-Assets im Juli teilweise deutlich zulegen. Damit zeigt sich einmal mehr, dass an den Börsen weniger die aktuellen Nachrichten eine Rolle spielen als vielmehr die Erwartungen an künftige Entwicklungen. Man sagt, dass realwirtschaftliche Tendenzen an den Aktienbörsen etwa 6 Monate im Voraus eingepreist werden. Den entscheidenden Impuls für die jüngste Aufwärtsbewegung und auch die fallenden Zinsen dürfte dabei die Annahme sein, dass der von vielen Notenbanken eingeläutete Zinserhöhungskurs im Falle einer konjunkturellen Abkühlung und damit einhergehend hoffentlich auch nachgebender Inflationsraten gegen Anfang des kommenden Jahres bereits beendet werden könnte. Einer der wesentlichen Belastungsfaktoren an den Aktien- und Kryptobörsen, der rasante Zinsanstieg im ersten Halbjahr 2022, würde sich dadurch relativieren, auch wenn kaum erneut mit rekordtiefen Negativzinsen zu rechnen ist. Entscheidend für die weiteren Aussichten wäre dann das Ausmaß der wirtschaftlichen Abkühlung. Bisher dürfte eine leichte Rezession in den USA und Europa sowie ggf. in China eingepreist sein. Sollte es aber bspw. zu einem kompletten Gaslieferstopp aus Russland kommen, wäre ein heftigerer wirtschaftlicher Abschwung programmiert und erneute Rücksetzer zumindest bei Aktien wären wahrscheinlich. Neben diesem Kernrisiko besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass sich die Dinge besser als derzeit erwartet entwickeln, bspw. im Falle einer schnelleren wirtschaftlichen Stabilisierung in China oder einer schnelleren geldpolitischen Gegenreaktion der US-Notenbank Fed, um die dortige Wirtschaft zu unterstützen. Da gerade die Frage der Gaslieferungen völlig unberechenbar ist, macht es für Anleger Sinn, den kurzfristigen positiven Trend zu nutzen und enge Absicherungen zur Risikobegrenzung vorzunehmen.
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