Märkte mit Mumm
7. August 2023, Carsten Mumm
Das Kapitalmarktumfeld: Konjunktur unter Druck
Laut Angaben des Statistischen Bundesamts stagnierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) Deutschlands im zweiten Quartal dieses Jahres in Vergleich zum Vorquartal. Somit entgeht Deutschland vorerst zwar einer Fortsetzung der Rezession, allerdings weisen einige Frühindikatoren darauf hin, dass die Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf erneut schrumpfen könnte. Das zuletzt veröffentlichte Ifo-Geschäftsklima sank zum dritten Mal in Folge – die Stimmung trübte sich in allen Bereichen weiter ein. Insbesondere im Bausektor gab der Indikator angesichts des gestiegenen Zinsniveaus und der anhaltend hohen Energiekosten nach. Ein ähnliches Bild zeichnen die schwachen Ergebnisse der Indizes des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) sowie des GFK-Konsumklimas.
Besonders das verarbeitende Gewerbe befindet sich vor dem Hintergrund einer schwachen Nachfrage im globalen Abwärtstrend. Der entsprechende, von S&P Global veröffentliche Einkaufsmanagerindex (EMI) fiel für Deutschland von 40,6 auf 38,8 Punkte und damit auf das Niveau der Coronakrise. Bestehende Aufträge können aufgrund zurückgehender Lieferengpässe bearbeitet werden, doch bei den Neuaufträgen fehlt es an Dynamik. Darüber hinaus gerät der bisher stabile Dienstleistungssektor in Schwierigkeiten. Zwar notiert der entsprechende EMI noch über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten, sank jedoch auf den schwächsten Wert seit rund einem halben Jahr. Deutschland schneidet damit beim Wachstum schlechter ab als der Rest Europas, wobei der Arbeitsmarkt vorerst robust bleibt.
Die schwachen Wirtschaftsdaten aus einer der wichtigsten Volkswirtschaften der Eurozone stärken die Positionen derjenigen, die eine Zinspause im September befürworten. Nachdem die US-Notenbank Fed die Leitzinsen im Juli weiter anhob, zog die europäische Zentralbank (EZB) wie erwartet nach, um die weiterhin zu hohe Inflation zu bekämpfen. Zuletzt ging die Teuerung der Eurozone im Jahresvergleich zwar leicht auf 5,3 Prozent zurück. Die Kernrate, in der schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel unberücksichtigt bleiben, stagnierte hingegen bei 5,5 Prozent p.a. Wie die EZB mitteilte, werden das eingetrübte konjunkturelle Umfeld sowie die Inflationsdynamiken für den weiteren Kurs entscheidend sein. Die Notenbank unterstrich, dass das angestrebte Inflationsziel von zwei Prozent nicht aus den Augen verloren werden darf.
Zinsen: leicht höher
Die Renditen von Bundesanleihen mit zehn Jahren Restlaufzeit stiegen im Monatsverlauf auf 2,46 Prozent p.a. an. Renditen von Anleihen mit zwei- und fünfjähriger Restlaufzeit veränderten sich kaum und notierten Ende Juli bei 3,20 bzw. 2,53 Prozent p.a. Im Zuge der Zinserhöhung der Notenbank Fed stiegen US-Anleiherenditen (10 Jahre) auf 3,97 Prozent p.a.
Aktien: DAX auf Rekordkurs
Der deutsche Leitindex erreichte im Juli ein neues Allzeithoch und stieg zeitweise auf über 16.500 Punkte. Insbesondere die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Zinserhöhungen beflügelten das Börsenbarometer. Der US-Aktienindex S&P 500 stieg um rund 3 Prozent.
Währungen: Euro zum US-Dollar fester
Der Euro bleibt im Vergleich zum US-Dollar im Aufwind und stieg um rund 1,4 Prozent auf 1,10 EUR/USD. Gegenüber dem Schweizer Franken verloren sowohl Euro als auch US-Dollar um rund 2 bzw. 2,5 Prozent.
Rohstoffe: stärker
Der Preis pro Barrel Rohöl lang Ende Juli bei 85,22 US-Dollar. Die Feinunze Gold notierte bei 1.967 US-Dollar. Ebenfalls stärker schloss Silber mit einem Monatsendstand von 24,64 US-Dollar.
Krypto-Anlagen: leicht schwächer
Sowohl der Kurs des Bitcoin als auch die Ether-Notierung gaben im Juli leicht nach und lagen am Monatsende bei 29.281 bzw. 1.861 US-Dollar.
Implikationen für Anleger
Weiterhin zeichnet sich die vielfach erwartete größere Korrektur an den globalen Aktienmärkten nicht ab. Im Gegenteil konnten einige Aktienkurse zuletzt teilweise sogar deutlich zulegen, nachdem die berichteten Unternehmensergebnisse für das zweite Quartal positiv überraschten. Allerdings gab es auch Ausreißer nach unten bei verfehlten Erwartungen. Offensichtlich differenzieren Anlegerinnen und Anleger derzeit genauer bzgl. der unternehmensindividuellen Gewinnentwicklungen und der weiteren Perspektiven, sehen aber trotzdem gute Möglichkeiten für den weiteren Jahresverlauf. Eine wesentliche Rolle dürfte die Robustheit des jeweiligen Geschäftsmodells in der Phase einer sich voraussichtlich vorerst weiter schwachen Wachstumsdynamik spielen. Obwohl es vonseiten der Notenbanken neben den erwarteten Leitzinserhöhungen keine wesentlich veränderte Kommunikation gab – man richtet den künftigen geldpolitischen Kurs weiterhin anhand der jeweils aktuellen Konjunktur- und Inflationsdaten aus – bleibt die Hoffnung auf kurzfristig anstehende Leitzinserhöhungspausen und dürfte zu den stabilen Notierungen beitragen. Auch die zumeist robusten Arbeitsmärkte und die zunehmend nachgebenden Inflationsraten tragen zum anhaltend konstruktiven Bild an den internationalen Kapitalmärkten bei. Es bleibt also dabei: sollten sich die vieldiskutierten Befürchtungen zu Konjunktur, Inflation, Unternehmensgewinnen oder geopolitischen Entwicklungen nur in Teilen besser entwickeln, dürften kleinere Korrekturen eher für Nachkäufe durch bisher unterinvestierte Anleger genutzt werden, gerade nach der Sommerpause.