Märkte mit Mumm
4. März 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Das Kapitalmarktumfeld: schwache Konjunktur, sinkende Inflation
Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar insgesamt weiter eingetrübt. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im Zuge leicht verbesserter Erwartungen zwar von 85,2 auf 85,5 Punkte gestiegen. Die aktuellen Lageeinschätzungen blieben allerdings unverändert schwach. Insbesondere in der Industrie verschlechterte sich die Lage erneut. Der Rückgang bei den Auftragsbeständen hielt an und zwang die Unternehmen zu Produktionskürzungen. Der entsprechende HCOB-Einkaufsmanagerindex notierte im Februar mit 42,5 Punkten tief im rezessiven Bereich. Im Dienstleistungssektor zeigten sich hingegen leichte Verbesserungstendenzen. Die Konjunkturschwäche bremste zusammen mit weiter steigenden Preisen und allgegenwärtigen politischen Risiken jedoch die Ausgabenfreude von Verbrauchern. Trotz verbesserter Lohnerwartungen zeigte das GfK-Konsumklima im Februar eine erhöhte Sparneigung an. Derweil stiegen zuletzt sowohl Arbeitslosigkeit als auch Unterbeschäftigung in Deutschland an, während immer mehr Unternehmen ankündigten, vorerst weniger Personal einstellen zu wollen.
In der Eurozone waren zuletzt Anzeichen einer wirtschaftlichen Verbesserung erkennbar. Zwar verschlechterte sich die Stimmung in der Industrie im Februar leicht, doch war der Rückgang größtenteils auf die Schwäche des deutschen Sektors zurückzuführen. In den USA hingegen mehrten sich die Anzeichen einer bevorstehenden konjunkturellen Abkühlung. So notierte der ISM-Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe anhaltend unterhalb der Expansionsschwelle von 50 Punkten, während der CB-Verbrauchervertrauensindex deutlich nachgab. In einigen Vorwahlen der Republikaner für den anstehenden Präsidentschaftswahlkampf konnte sich Donald Trump erneut durchsetzen.
„Währenddessen ist die Inflation in Deutschland weiter rückläufig.“
Nach vorläufiger Schätzung verlangsamte sich der Anstieg der Verbraucherpreise auf 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit auf den niedrigsten Stand seit Juni 2021. Die Kernrate der Inflation ohne die stark schwankenden Energie- und Nahrungsmittelpreise blieb mit 3,4 Prozent im Vergleich zum Vormonat allerdings unverändert hoch. In der Eurozone verlangsamte sich der Preisauftrieb auf 2,6 Prozent. Der von der US-Notenbank Fed als Inflationsmaß bevorzugte PCE-Preisindex gab im Februar leicht auf 2,4 Prozent nach. Die chinesische Notenbank senkte einen für Hypothekenfinanzierungen maßgeblichen Leitzins deutlich auf 3,95 Prozent p.a.
Zinsen: überwiegend steigend
Die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen legten auf 2,41 Prozent p.a. zu. Auch in kürzeren Laufzeitensegmenten stiegen die Renditen angesichts aufgekommener Zweifel an zeitnahen Leitzinssenkungen an, während die Zinsen zehnjähriger US-Staatsanleihen im Monatsverlauf auf 4,25 Prozent p.a. anzogen. Im Segment der Unternehmensanleihen gaben Risikoprämien nach.
Aktien: auf Rekordkurs
Der deutsche Leitindex DAX legte im Februar um knapp 5 Prozent auf 17.678 Punkte zu. Demgegenüber gab der Index der kleineren börsennotierten Unternehmen, der MDAX, leicht nach. Der US-Standardwerteindex S&P 500 stieg um gut 5 Prozent auf 5.096 Punkte, nach wie vor insbesondere getrieben durch wenige Technologiewerte. Der chinesische Aktienindex CSI 300 konnte sich im Februar leicht erholen, während der japanische NIKKEI 225 erstmals seit 1989 einen neuen Höchststand erreichte.
Währungen: Euro seitwärts
Im Vergleich zum US-Dollar notierte der Euro Ende Februar nahezu unverändert bei 1,08 EUR/USD. Gegenüber dem Schweizer Franken konnte sich die Gemeinschaftswährung leicht auf 0,95 EUR/CHF erholen.
Rohstoffe: Gold und Rohöl seitwärts
Der Preis für eine Feinunze Gold tendierte mit 2.044 US-Dollar kaum verändert. Trotz anhaltender Angriffe auf Handelsschiffe am Eingang zum Roten Meer entwickelten sich Rohölnotierungen ebenfalls stabil. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete Ende Februar rund 82 US-Dollar.
Krypto-Anlagen: Kursfeuerwerke
Deutlich zulegen konnten im Februar der Bitcoin und andere Kryptos. Während der Bitcoin-Kurs um knapp 44 Prozent anstieg, zog Ether sogar um 46 Prozent an. Auch andere Anlagen aus dem Segment hatten teils große Kursgewinne zu verzeichnen. Neben der Perspektive zeitnah sinkender Zinsen dürften vor allem die in den letzten Wochen erheblich zunehmenden Zuflüsse durch Käufe der kürzlich zugelassenen Bitcoin-ETF´s (börsengehandelte Fonds) in den USA kurstreibend gewirkt haben. Zugleich wird von einem sinkenden Angebot an Bitcoin berichtet, da viele Anleger ihre Positionen derzeit lieber halten.
Fazit für die Kapitalanlage
Viele Anlegerinnen und Anleger reiben sich verwundert die Augen angesichts teils fulminanter Kurszuwächse und nahezu allgegenwärtiger Rekordniveaus. Zumal die realwirtschaftliche Lage vor allem in Europa alles andere als dynamisch ausfällt. Trotzdem kann derzeit nicht von einer allgemeinen Übertreibung gesprochen werden. Beachtet werden muss, dass an den Börsen nicht die aktuelle Datenlage, sondern die zukünftig erwarteten Entwicklungen eingepreist werden. Damit dürften die Aussichten auf eine konjunkturelle Erholung in einigen Regionen sowie zeitnahe Leitzinssenkungen eine wesentliche Rolle spielen. Hinzu kommt, dass nach wie vor viele Unternehmen in der Lage sind, ordentliche Gewinne zu präsentieren. Gleichzeitig wird an den Aktienmärkten klar differenziert, es laufen also nicht alle Segmente gleich gut. Weiterhin hinterher hinken viele kleinere und mittlere Aktien, bspw. aus dem MDAX. Auch die im letzten Jahr noch maßgeblichen großen US-Technologieaktien – die „glorreichen Sieben“ – konnten nicht allesamt den Erfolgskurs beibehalten. Selbst wenn angesichts teils enormer Gewinne in den letzten Monaten die Wahrscheinlichkeit eines zwischenzeitlichen Rücksetzers zunimmt, ist unter der Annahme keiner unerwarteten, bspw. geopolitischen Eskalation aktuell keine Wende zu einem längeren Negativtrend erkennbar.