Märkte mit Mumm
2. Oktober 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Das Kapitalmarktumfeld im September: Stabilisierungsversuche
Die Konjunkturdaten aus Europa und China enttäuschten überwiegend. So notierten die Einkaufsmanagerindizes – Umfragen unter Unternehmen zur aktuellen Geschäftslage und den künftigen Erwartungen – in beiden Regionen unterhalb oder nur knapp über der Expansionsmarke von 50 Punkten. Vor allem die Industrie hängt weiterhin in einer globalen Nachfrageschwäche fest und hat seit mittlerweile mehr als zwei Jahren eine sinkende Produktion zu verzeichnen. Gemäß ifo-Geschäftsklimaindex greift die Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes und des Bausektors in Deutschland zunehmend auch auf den Handel und den bisher noch robusten Dienstleistungssektor über. Die Bundesagentur für Arbeit berichtete zwar für September eine leicht auf 6,0 Prozent gesunkene Arbeitslosenquote. Allerdings fiel die im Spätsommer übliche Belebung des Arbeitsmarkts schwächer aus als gewöhnlich. Die chinesische Regierung reagierte mit der Ankündigung von fiskalischen Stützungsmaßnahmen auf die seit Monaten unterhalb der Erwartungen liegende Wachstumsdynamik. So wurden Eigenkapitalanforderungen für Banken und Hauskäufer erleichtert. Die chinesische Zentralbank senkte zudem ihre Leitzinsen für laufende Immobilienfinanzierungen und kündigte weitere Zinsanpassungen an. In den USA hingegen zeichnet sich weiterhin eine nur moderate Abkühlung der Konjunktur ab. Vor allem der robuste private Konsum sorgt im Zuge einer anhaltend hohen Beschäftigungssituation für eine hohe Nachfrage im Bereich der Dienstleistungen.
Infolge der globalen Wachstumsschwäche und angesichts tieferer Energiepreise waren vielfach sinkende Inflationsraten zu verzeichnen. In Deutschland und der Eurozone wurden für September nur noch 1,6 bzw. 1,8 Prozent Preisniveausteigerung vermeldet. Obwohl die Kernrate der Inflation – ohne die Komponenten Energie und Nahrungsmittel – in der Eurozone mit 2,7 Prozent noch deutlich über dem Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent liegt, senkte die Notenbank ihren Leitzins erneut um 0,25 Prozentpunkte. Die US-Notenbank Fed reagierte mit einer überraschend großen Zinssenkung um 0,50 Prozentpunkte auf den auch in den USA nachlassenden Teuerungsdruck. Auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) senkte ihren Leitzins auf 1,0 Prozent. Die japanische und die britische Notenbank hingegen beließen ihre Leitzinsen auf den Niveaus von 0,25 bzw. 5,0 Prozent.
In den USA stand im September besonders das Fernsehduell zwischen den beiden Präsidentschaftskandidaten Kamala Harris und Donald Trump im Fokus, aus dem Harris nach allgemeiner Auffassung als Siegerin hervorging. Entsprechend konnte sie ihren Vorsprung in Umfragen weiter ausbauen. In Japan wurde Shigeru Ishiba zum neuen Premierminister ernannt.
Zinsen: abwärts
Die Renditen von Staatsanleihen gaben überwiegend nach. Eine zehnjährige Bundesanleihe rentierte Ende September mit 2,13 Prozent p.a., während die Rendite im mittleren Laufzeitensegment von 5 Jahren wieder deutlich unterhalb der Marke von 2 Prozent p.a. notiert. Die Verzinsung einer zehnjährigen US-Staatsanleihe sank auf 3,79 Prozent p.a.
Aktien: neue Allzeithöchststände
An den Börsen in China kam es nach der Ankündigung staatlicher Stützungsmaßnahmen zu einem Kursfeuerwerk – der Aktienindex CSI 300 legte innerhalb von 5 Handelstagen um rund 25 Prozent zu, von dem auch europäische und US-Börsen profitierten. So erreichten der DAX und der S&P 500 am Ende des Monats neue Allzeithöchststände bei 19.473 und 5.765 Punkten. Mit einem Kursplus von 4,5 Prozent im Monatsvergleich stieg der MDAX (Index der mittelgroßen börsennotierten Unternehmen in Deutschland) noch stärker an als der DAX.
Währungen: Euro schwächer
Der Euro wertete nach dem großen Zinsschritt der Fed im Vergleich zum US-Dollar um knapp einen Cent auf 1,11 ab. Kaum verändert hingegen notierte die Gemeinschaftswährung gegenüber dem britischen Pfund, dem Schweizer Franken und dem japanischen Yen.
Rohstoffe: Gold auf Rekordkurs, Rohöl schwächer
Die schwache globale Industriegüternachfrage sowie Nachrichten über eine geplante Produktionsausweitung für saudi-arabisches Rohöl sorgten für sinkende Ölpreise. Ein Barrel der Nordseesorte Brent gab auf 72 US-Dollar nach. Der Goldpreis hingegen erreichte ein neues Rekordhoch bei 2.672 Dollar.
Krypto-Anlagen: stabil
Der Bitcoin-Preis legte um rund 10 Prozent auf gut 65.000 US-Dollar zu. Ether stieg leicht auf 2.659 Dollar.
Implikationen für Anleger:
Im September hieß es „risk on“ an den internationalen Kapitalmärkten. Sowohl Aktien als auch Bitcoin und Edelmetalle legten teilweise deutlich zu. Getrieben wurden die Kurse vor allem von der Aussicht auf schneller als bisher erwartet sinkende Zinsen bzw. einem sehr vorsichtigen Kurs der japanischen Notenbank bei der Anhebung der dort noch immer sehr niedrigen Leitzinsen. Perspektivisch werden günstigere Refinanzierungskosten sowie niedrigere Anlagezinsen Risikoanlagen unterstützen. Kurzfristig müssen Anleger jedoch zwischen diesen Vorteilen und der anhaltend schwachen Konjunkturdynamik in Europa und China sowie der sich abkühlenden Wachstumsdynamik in den USA abwägen müssen. In diesem Zuge dürfte die kommende Unternehmensberichtssaison für das dritte Quartal nicht ohne die ein oder andere Gewinnwarnung und getrübten Ausblick auskommen. Zudem bestehen anhaltend hohe geopolitische Risiken, die jederzeit auch negativ auf die Börsen durchschlagen können. Zwischenzeitliche Rücksetzer könnten dann aber gute Einstiegsgelegenheiten für Anleger mit einem mittel- bis langfristigen Anlagehorizont sein.