Märkte mit Mumm
2. Februar 2024 – Carsten Mumm, Chefvolkswirt
Das Kapitalmarktumfeld: Rezession in Deutschland und sinkende Inflation
Die jüngsten Konjunkturdaten aus Deutschland fielen erneut schwächer aus. Sowohl der Auftragsbestand als auch die Produktion der Industrie gaben im November nach. Für Dezember wurden gesunkene Einzelhandelsumsätze und im Vergleich zum Vorjahr eingebrochene Exporte bspw. um 9,9 Prozent in die USA und um 12,7 Prozent nach China vermeldet. Entsprechend sank die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung im Jahr 2023 und im 4. Quartal um 0,3 Prozent. Die ebenfalls schwächeren Januar-Veröffentlichungen des ifo-Geschäftsklimaindex und des GfK-Konsumklimas verheißen für das laufende Quartal kaum Besserung. Die Eurozone hat für das letzte Quartal 2023 ein Nullwachstum vorzuweisen, während die US-Wirtschaft mit annualisiert 3,3 Prozent erneut stärker zulegen konnte. Der Internationale Währungsfonds (IWF) adjustierte die Erwartungen für die globale Wachstumsdynamik im laufenden Jahr leicht nach oben auf 3,1 Prozent, vor allem getragen durch die Region Asien. Die aufgrund anhaltender Angriffe auf Handelsschiffe notwendige Umfahrung des Roten Meeres um die Südspitze Afrikas ließ Containerfrachtraten deutlich steigen und sorgte für vereinzelte Lieferkettenunterbrechungen.
Im Zuge der weltweiten Nachfrageschwäche gab der Inflationsdruck in vielen Volkswirtschaften weiter nach. Import- und Erzeugerpreise in Deutschland fielen im Dezember um jeweils rund 8,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Januar-Inflationsrate wurde mit 2,9 Prozent überraschend niedrig veröffentlicht, da vor allem sinkende Güter- und Energiepreise die zum Jahresanfang steigenden CO2-Abgaben und die Wiederanhebung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie überkompensierten. Vor diesem Hintergrund beließ die Europäische Zentralbank (EZB) wie auch die US-Notenbank Fed ihre Leitzinsen zwar auf den erhöhten Niveaus, stellten jedoch die Möglichkeit eines künftig weniger restriktiven geldpolitischen Kurses in Aussicht.
„Politisch startete im Januar mit den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Taiwan das Superwahljahr 2024.“
Zum neuen Präsidenten gewählt wurde der eher chinakritische Kandidat der bisherigen Regierungspartei DPP, Lai Ching-te. Zudem richtete sich der Fokus auf die ersten Vorwahlen zur Nominierung des republikanischen Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl im November, die der ehemalige Präsident Donald Trump jeweils für sich entscheiden konnte. In Davos fand das Weltwirtschaftsforum statt, bei dem deutlich mehr führende Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik zu global relevanten Themen wie geopolitische Konflikte, Klimawandel und den künftigen Einsatzmöglichkeiten der Künstlichen Intelligenz berieten als in den vergangenen Jahren. Entscheidende Durchbrüche konnten jedoch zumindest öffentlich nicht vermeldet werden.
Zinsen: überwiegend leicht steigend
Die Renditen von zehnjährigen Bundesanleihen legten leicht zu, nach einem kurzzeitigen Anstieg auf 2,34 Prozent p.a. auf 2,16 Prozent p.a. am Monatsende. Im kürzeren Laufzeitensegment von weniger als 5 Jahren gaben die Renditen hingegen leicht nach. Kaum veränderten sich die Zinsen zehnjähriger US-Staatsanleihen mit 3,92 Prozent p.a.
Aktien: differenziertes Bild
Der deutsche Leitindex DAX legte im Januar um knapp ein Prozent zu. Demgegenüber gab der Index der kleineren börsennotierten Unternehmen, der MDAX, mehr als 3 Prozent nach, während der US-Standardwerteindex S&P 500 um gut 2 Prozent stieg, vor allem getrieben durch einige Technologieaktien. Mit einem Verlust von mehr als 5 Prozent deutlich abwärts ging es erneut für chinesische Aktien vor dem Hintergrund der drohenden Abwicklung des Immobilienentwicklers Evergrande.
Währungen: schwächerer Euro
Der Euro wertete im Vergleich zum US-Dollar auf 1,08 EUR/USD ab, nachdem einige US-Konjunkturdaten im Vergleich zur Eurozone deutlich robuster ausfielen. Etwas fester hingegen notierte der Euro gegenüber dem Schweizer Franken und im Vergleich zum japanischen Yen.
Rohstoffe: Gold seitwärts, Rohöl fester
Mit 2.040 US-Dollar kaum verändert tendierte der Preis für eine Feinunze Gold. Rohölnotierungen legten hingegen deutlich zu, denn durch die anhaltenden Angriffe auf Handelsschiffe am Eingang zum Roten Meer droht weiterhin eine Ausweitung des Konflikts auf die Golfregion. Ein Barrel der Nordseesorte Brent kostete Ende Januar 81 US-Dollar.
Krypto-Anlagen: leicht schwächer
Die Kurse vieler Krypto-Anlagen hatten im Januar Kursverluste zu verzeichnen, nachdem die Erwartung der Zulassung von Bitcoin-ETF`s in den USA Ende 2023 noch für eine Kursrallye gesorgt hatte. Die tatsächlich positive Entscheidung der US-Börsenaufsicht SEC nutzten offenbar viele Anleger für Gewinnmitnahmen. Bitcoin notierte am Monatsende bei 42.580 und Ether bei 2.283 US-Dollar.
Implikationen für die Kapitalanlage
Die zuletzt schwachen Konjunkturdaten aus der Eurozone dämpften zum Jahresanfang die Euphorie über mögliche zeitnahe Leitzinssenkungen durch die Notenbanken. Ebenfalls negativ dürften die teilweise steigenden Zinsen im Segment der Staatsanleihen gewirkt haben. US-Aktien hingegen profitierten von der anhaltend hohen Wachstumsdynamik in den USA. Perspektivisch bleibt eine leichte Abkühlung der US-Wirtschaft und eine Stabilisierung des Wachstums vieler europäischer Staaten in den kommenden Monaten realistisch, so dass vor allem die Segmente der mittleren und kleineren europäischen Unternehmen, die oftmals sensitiver auf den heimischen Konjunkturzyklus reagieren die relativ schwache Wertentwicklung der vergangenen Monate aufholen könnten. Auch tendenziell sinkende Zinsen angesichts weiter nachgebender Inflationsraten sollten diese oftmals höher verschuldeten Unternehmen entlasten. Allerdings sind vor dem Hintergrund anhaltender geopolitischer Unsicherheiten und bis zu konkreten Ankündigungen von ersten Leitzinssenkungen auch größere Rückschläge ein mögliches Szenario. Da die mittel- und langfristigen Aussichten für Aktien, Edelmetalle und Krypto-Anlagen jedoch positiv bleiben, können zwischenzeitlich schwächere Notierungen für Neupositionierungen genutzt werden.