Vermögen
9. November 2023 / Christian Hirschbolz, CFP® Finanzplaner
Durch eine Reform des Gesellschaftsrechts zum Jahresbeginn 2024 ändern sich einige Grundlagen für Personengesellschaften (MoPeG). Betroffen sind vor allem Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Wir geben einen Überblick, was sich ändert und zeigen, wo Handlungsbedarf besteht.
Wenn wir uns zusammenschließen, um gemeinsam ein Geschäft zu betreiben oder gemeinsames Vermögen zu verwalten, setzen wir voraus, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen stabil sind und dass ein geschlossener Gesellschaftsvertrag gültig und zielführend ist, ohne dies laufend überprüfen zu müssen. Deshalb geht das heutige Personengesellschaftsrecht wesentlich auf die Anfänge des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und des Handelsrechts (HGB) zurück. Beide Gesetze sind zum 1. Januar 1900 in Kraft getreten.
Seither hat sich das Wirtschaftsleben allerdings deutlich weiterentwickelt. Gerichte waren mit Fragestellungen konfrontiert, für die es keine gesetzlichen Regelungen gab und haben deshalb rechtliche Standards entwickelt, die zum Teil weit über die einschlägigen Gesetze hinausgehen. Schließlich hat sich der Gesetzgeber im Jahr 2021 zu einer grundlegenden Überarbeitung der Personengesellschaften durchgerungen, die mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) am 1. Januar 2024 in Kraft tritt und damit verbindlich wird.
Änderungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Die bedeutendsten Veränderungen betreffen die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Rechtsfähigkeit der GbR wird gesetzlich anerkannt (§ 705 Abs. 2 BGB n.F.). Doch bereits an diesem Punkt wird es ein wenig unübersichtlich, da die Rechtsfähigkeit nicht zwingend ist. Die GbR kann selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, wenn sie am Rechtsverkehr teilnehmen soll (rechtsfähige Gesellschaft). Oder sie dient den Gesellschaftern lediglich zur Ausgestaltung ihres Rechtsverhältnisses untereinander (nicht rechtsfähige Gesellschaft, §§ 740 ff. BGB n.F.). Zu den nicht rechtsfähigen GbR zählen zum Beispiel Erbengemeinschaften.
Für rechtsfähige GbR wird ein neues Gesellschaftsregister geschaffen (§§ 707 ff. BGB n.F.). Das erleichtert die Vertretung, erhöht das Vertrauen im Rechtsverkehr und ist deshalb vor allem für aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmende Gesellschaften von Vorteil. Auch bei Umwandlung von Gesellschaftsvermögen und ausländischem Verwaltungssitz kann die Eintragung individuell vorteilhaft sein. Das Gesellschaftsregister wird von den Amtsgerichten geführt und eingetragene Gesellschaften sind als eGbR oder eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu bezeichnen.
Klären Sie, ob eine Eintragung Ihrer GbR im Gesellschaftsregister für Sie sinnvoll ist. Ist Ihre GbR bereits in anderen Registern erfasst und möchten Sie eine Eintragung im Gesellschaftsregister vermeiden, müssen Sie noch in 2023 aktiv werden.
Die Eintragung ist nicht verpflichtend und auch keine Voraussetzung für die Rechtsfähigkeit der GbR. Allerdings sind Eintragungen in anderen Registern (Grundbuch, Handelsregister, Aktienregister) nur noch für eingetragene Gesellschaften möglich. Auch für ein Grundstück, für das im Grundbuch eine GbR als Eigentümer eingetragen ist, sind weitere Einträge nur nach Registrierung der GbR im Gesellschaftsregister möglich.
Übersicht wichtiger öffentlicher Register in Deutschland
Welche Nachteile bringt eine Eintragung der GbR mit sich?
Als Nachteile der Eintragung sind zusätzliche Notarkosten, die Unumkehrbarkeit der Eintragung und ein nicht zu unterschätzender Diskretionsverlust zu nennen. Im Gesellschaftsregister werden unter anderem die Gesellschafter sowie Vertretungsbefugnisse erfasst. Weitere Transparenz entsteht, da die eGbR zwingend im Transparenzregister einzutragen ist. Hier sind auch Beteiligungsquoten („wirtschaftliche Berechtigung“) transparent zu machen und die Einsichtnahme ist grundsätzlich jedem registrierten Nutzer möglich. Selbstverständlich sind die Angaben in den Registern aktuell zu halten.
Prüfen Sie Ihren Gesellschaftsvertrag. Nach Möglichkeit vor dem Jahresbeginn 2024, da sich gesetzliche Stimm-, Beschlussfassungs- und Gewinnverteilungsrechte ändern.
Neue gesellschaftsrechtliche Normen für alle Personengesellschaften
Für alle Personengesellschaften – also auch OHG und KG – gelten ab 2024 modifizierte gesellschaftsrechtliche Normen. Das Gesellschaftsrecht umfasst Regeln zur Gründung, zum Handeln und zur Auflösung von Gesellschaften, wobei häufig individuelle Regelungen in Gesellschaftsverträgen existieren. Grundidee ist auch hier eine stärkere Stellung des Gesellschaftsvermögens. Der Gesellschafter als Individuum erhält gegenüber seinem Kapitalanteil geringeres Gewicht. Im Gegenzug werden die Informationsrechte der Teilhaber erweitert.
Neue Regelungen zum Tod oder Ausscheiden eines Gesellschafters
Bei Gesellschaften bürgerlichen Rechts ändern sich darüber hinaus die gesetzlichen Bestimmungen zum Ableben von Gesellschaftern. Rechtsfähige GbR mit mehr als zwei Gesellschaftern werden bei Tod eines Gesellschafters ab 2024 fortgesetzt (§ 723 ff. BGB n.F.). Daraus können sich allerdings Probleme in Form von Abfindungsansprüchen der Erben entwickeln. Zum Beispiel wenn sich Immobilien oder anderes werthaltiges Sachvermögen in der GbR befinden und zu hohen Liquiditätsforderungen führen.
Grundsätzlich sollte in jeder Gesellschaft ein individueller Gesellschaftsvertrag vorhanden sein, der die gesetzlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt und zur individuellen Situation von Gesellschaft und Gesellschafter passt. Wenn Sie keinen Gesellschaftsvertrag haben, Ihre Satzung nur rudimentäre Regelungen enthält oder werthaltiges illiquides Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, haben Sie Handlungsbedarf.
Ein Blick auf Steuer und Eigenheim
Der Gesetzgeber möchte, dass sich aus der gesetzlich neu definierten Rechtsfähigkeit keine Veränderungen in der Besteuerung ergeben. Deshalb befinden sich noch einige Anpassungen zum Einkommensteuer-, Erbschaftsteuer- und Grunderwerbsteuerrecht im Gesetzgebungsverfahren. Hoffen wir, dass die Intention des Gesetzgebers Realität wird.
Unsicherheit besteht hier im Hinblick auf die bisherige Grunderwerbsteuerfreiheit bei Einbringung von Immobilien in eine Personengesellschaft. Hier erscheint es zweckmäßig, geplante Transaktionen aus Sicherheitsgründen noch in 2023 umzusetzen. Auch bei Betriebsaufspaltungen und umsatzsteuerlichen Organschaften erscheint eine individuelle Überprüfung durch den Steuerberater noch in 2023 sinnvoll ist. Letztlich wird sich auch noch weisen müssen, wie die neuen Rahmenbedingungen von der Rechtspraxis und den Gerichten umgesetzt werden.
Manche Eheleute oder Familien halten ihr Eigenheim oder Ferienimmobilien in einer GbR. Das erleichtert zum Beispiel die Übertragung von Anteilen in der Familie. Unternehmer streben damit zum Teil auch verbesserten Insolvenzschutz an. Allerdings wird eine Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister früher oder später unumgänglich sein. Lesen Sie hierzu auch unseren Beitrag „MoPeG: Was ändert sich für Eigenheim und Ferienimmobilie?“.
Sie haben eine GbR? Handeln Sie jetzt
Die angesprochenen Themenfelder betreffen Ihre Vermögens- und Vorsorgeplanung, da das Gesellschaftsrecht für Mitbestimmung, Gewinnausschüttung und Verfügungsmöglichkeiten maßgeblich ist. Das gilt besonders im Notfall. Prüfen Sie deshalb Auswirkungen und Handlungsbedarf in Ihren Gesellschaften noch in 2023. Haben Sie Fragen hierzu? Oder benötigen einen qualifizierten Rechtsanwalt bzw. Steuerberater? Sprechen Sie uns an – wir verfügen über ein breites Netzwerk an Experten.
Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!
Christian Hirschbolz
Certified Financial Planner (CFP)
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Katrin Pätzke
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