07.12.2020
Börsen zum Jahreswechsel: mit Optimismus ins neue Jahr
Das Kapitalmarktumfeld: Notenbanken im Fokus
Die Industrie leidet global weiterhin massiv unter Materialmangel bei Rohstoffen und Vorprodukten. Zunehmend verschärft sich auch die Situation im Einzelhandel und in der Bauwirtschaft aufgrund anhaltender Lieferengpässe sowie bei Dienstleistern wegen der Aussicht auf verschärfte Restriktionen im Zuge steigender Corona-Fallzahlen. Entsprechend gab die Stimmung deutscher Unternehmen gemäß ifo-Geschäftsklimaindex weiter nach. In China deuteten die jüngsten Einkaufsmanagerindizes eine Stabilisierung der Wirtschaft an, allerdings auf noch schwachem Niveau. Nach wie vor leidet die chinesische Produktion unter teils sehr restriktiven Corona-Maßnahmen, Energieengpässen und der Unsicherheit im Zuge der Pleite des Immobilienentwicklers Evergrande sowie weiterer Unternehmen aus dem Immobiliensektor. Weiterhin dynamisch hingegen ist die wirtschaftliche Situation in den USA, vor allem gestützt durch eine erneut gestiegene Beschäftigung.
Am US-Arbeitsmarkt wirkt der zunehmende Arbeitskräftemangel jedoch stark lohnsteigernd. Zusammen mit global explodierenden Produktionskosten und der Möglichkeit für Unternehmen die Absatzpreise anzuheben, ergab sich erneut eine hohe Inflationsdynamik. So zogen zuletzt sowohl in den USA (6,8 Prozent) als auch in der Eurozone (4,9 Prozent) und Deutschland (5,3 Prozent) die Inflationsraten an. Vor diesem Hintergrund beschleunigte die US-Notenbank Fed im Dezember die Reduktion der Wertpapierkaufvolumina auf 30 Mio. USD. Bei diesem Tempo würden die Wertpapierkäufe in den USA im Frühjahr auslaufen und im 2. Quartal könnte eine erste Leitzinserhöhung anstehen. Für das Gesamtjahr 2022 werden am Markt derzeit drei Leitzinsanhebungen um jeweils 0,25 Prozent erwartet. Die Bank of England erhöhte angesichts des hohen Inflationsdrucks die Leitzinsen bereits im Dezember um 15 Basispunkte auf 0,25 Prozent.
Die Europäische Zentralbank EZB erhöhte ihre eigene Inflationsprojektion in der Dezember-Sitzung des EZB-Rats zwar deutlich auf 3,2 Prozent, rechnet aber ab 2023 wie bisher mit einem Abrutschen der Inflation unter die Marke von 2 Prozent. Entsprechend sieht sie weiterhin den Bedarf einer sehr expansiven Geldpolitik. Lediglich das Volumen der Wertpapierkäufe wird ab April auf monatlich 40 Mrd. Euro reduziert. Bis auf weiteres erfolgt eine Wiederanlage fälliger Wertpapiere aus dem Bestand. Vorerst ultra-expansiv bleibt auch der Kurs der japanischen Notenbank Bank of Japan.
Zinsen: deutlich steigende Renditen
Die Verzinsungen für europäische und US-Staatsanleihen legten seit Mitte Dezember zu, liegen aber immer noch weit unterhalb der jeweiligen Inflationsraten. So rentiert eine zehnjährige Bundesanleihe aktuell mit -0,05 Prozent p.a., während die Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Restlaufzeit bis auf 1,74 Prozent p.a. anstieg. Risikoaufschläge für Unternehmensanleihen gaben im Monatsverlauf nach, nachdem sie bis Ende November teils deutlich angestiegen waren.
Aktien: Gewinne zum Jahresende
Die internationalen Aktienmärkte konnten im Dezember überwiegend zulegen und erholten sich von einem volatileren Verlauf im Herbst. Dabei gehörte der deutsche Leitindex DAX mit einem Monatsplus in Höhe von 5,2 Prozent zu den Spitzenreitern und beendete das Jahr bei 15.885 Indexpunkten. Im Gesamtjahr hat der DAX damit einen Kursgewinn in Höhe von 15,8 Prozent aufzuweisen. Deutlich besser schnitten US-Aktien des S&P 500 mit einem Plus in Höhe von 26,9 Prozent im gesamten Jahr 2021 ab. Hinterher hinkten hingegen Schwellenländeraktien des MSCI Emerging Markets Index mit einem Jahresverlust.
Währungen: Euro stabilisiert
Der Euro konnte sich im Vergleich zum US-Dollar bei der Marke von etwa 1,13 EUR/USD stabilisieren. Auf Jahressicht bleiben jedoch deutliche Verluste der Gemeinschaftswährung, auch im Vergleich zum britischen Pfund und dem Schweizer Franken.
Rohstoffe: Gold leicht, Rohöl deutlich erholt
Nach einem erheblichen Einbruch der Rohölnotierungen bis auf 70 US-Dollar bezogen auf die Nordseesorte Brent, erholten sich die Kurse bis auf aktuell 82 US-Dollar. Hintergrund war die Annahme, dass die globale Wirtschaft trotz stark erhöhter Corona-Fallzahlen kurzfristig keinen großen zusätzlichen Dämpfer erhalten wird. Zudem blieben die Ölförderstaaten der OPEC+ bei ihrer nur langsamen Ausweitung der Tagesfördermenge um 400.000 Barrel pro Monat. Der Goldpreis stabilisierte sich und notierte am Monatsende leicht höher bei 1.822 US-Dollar pro Feinunze.
Krypto-Assets: überwiegend schwächer
Viele Krypto-Assets hatten im Dezember deutliche Verluste zu verzeichnen. So gab der Kurs des Bitcoin um etwa 10.000 US-Dollar nach und notierte am Jahresende bei gut 47.000 US-Dollar. Auch die Notierung des nach Marktkapitalisierung zweitgrößten Krypto-Assets, Ethereum, fiel deutlich von 4.700 auf 3.700 US-Dollar. Trotz vielfach positiver Wertentwicklungen auf Sicht des gesamten Jahres 2021 zeigte die sich etablierende Anlageklasse damit einmal mehr ihre noch immer extreme Schwankungsanfälligkeit.
Implikationen für Anleger
Die teilweise deutlichen Kursbewegungen in allen Anlageklassen am Jahresende zeigen zunehmende Unsicherheiten im gesamten Kapitalmarktumfeld. Einerseits sprechen anhaltend negative Realzinsen weiterhin für Aktien, Immobilien oder Edelmetalle. Zudem bleibt die Annahme einer sich wieder beschleunigenden wirtschaftlichen Dynamik im Jahresverlauf, wenn sich Corona-Beschränkungen und Lieferkettenprobleme sukzessive auflösen sollten. Selbst beginnende Leitzinserhöhungszyklen und moderat inflationäre Zeiten waren in der Historie eher positive Aktienmarktphasen. Andererseits überrascht die rasante Ausbreitung der Omikron-Virusvariante negativ und lässt befürchten, dass kurzfristig große Bevölkerungsteile quarantänebedingt ausfallen und medizinische Kapazitäten wieder an ihre Grenzen geraten könnten. Auch sorgen geopolitische Entwicklungen rund um den Ukraine-Konflikt und im Verhältnis der USA zu China für Sorgen. Zudem ist nicht genau klar, wie schnell sich die Staus vor einigen der weltweit größten Containerhäfen tatsächlich abbauen können und zuletzt könnten die Notenbanken sich im Falle hartnäckig hoher Inflationsdynamiken gezwungen sehen, doch stärker restriktiv gegenzusteuern.
Da in dieser Gemengelage die verzinsliche Anlage auch künftig sehr herausfordernd wird, bietet sich für Anleger weiterhin eine breit gestreute Investition in verschiedene Anlageklassen an. Allerdings ist im Jahresverlauf mit höheren Schwankungen zu rechnen, da die genannten Unsicherheitsfaktoren wohl immer wieder für Kursrückschläge sorgen werden. Auf der Aktienseite wird es in diesem Umfeld besonders darauf ankommen, die richtigen Aktien auszuwählen, etwa Unternehmen, die steigende Kosten durch die Erhöhung von Absatzpreisen gut kompensieren können, bspw. aus dem Segment der Basiskonsumgüter oder Anbieter besonders starker Marken. Von steigenden Zinsen sollten Titel aus der Finanzbranche profitieren, während wachstumsstarke Technologieunternehmen trotz bestehender Megatrends, wie bspw. der Digitalisierung ausgebremst werden könnten. Energieintensive Unternehmen werden von explodierenden Rohstoff- und Energiepreisen herausgefordert.