04.03.2021
Börsen im Februar: nicht rutschfest…
Das Kapitalmarktumfeld: Angst vor Mutationen und dem Inflationsgespenst
Die Erholung der Volkswirtschaften von der Coronakrise verläuft weltweit differenziert. Gemäß der neuesten Aktualisierung des „World Economic Outlook“ des Internationalen Währungsfonds (IWF) befindet sich China schon seit Monaten wieder auf dem vor der Krise erwarteten Wachstumspfad. Die Rezession war somit für die chinesische Wirtschaft nur ein kurzes Intermezzo. Demgegenüber liegen sowohl die Gruppe der Industriestaaten als auch der Schwellenländer exkl. China sogar noch weit unter den Vorkrisen-Wertschöpfungsniveaus. Das Erreichen der Vorkrisen-Wachstumspfade wird in diesen Volkswirtschaften teilweise noch Jahre dauern. Vor allem viele Schwellenländer sind laut IWF von langanhaltenden Wohlfahrtsverlusten betroffen.
In Europa unterstrichen die jüngsten Stimmungsindikatoren verschiedener Unternehmenssektoren eine Zweiteilung. Viele Dienstleistungsbereiche leiden heftig unter den bestehenden Lockdown-Maßnahmen und haben angesichts zunehmender Befürchtungen um die schnelle Ausbreitung von Coronavirus-Mutationen teilweise auch noch keine Aussicht auf Lockerungen. Demgegenüber produzieren exportorientierte Industrieunternehmen weltweit auf hohen Niveaus. In Deutschland kann in diesem Zuge eine seit Ende 2018 andauernde Phase der Industrierezession mit stetig schrumpfender Produktion voraussichtlich kurzfristig beendet werden. Entsprechend deutlich konnte erneut der ifo-Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe zulegen. Die jüngsten Befürchtungen, dass coronabedingte Grenzschließungen zur erneuten Unterbrechung von Lieferketten und damit zu Produktionsstörungen führen könnten, wurde bisher nicht bestätigt. Trotzdem ist im ersten Quartal sowohl für Deutschland als auch die Eurozone mit einem negativen Wachstum zu rechnen, nachdem die Wachstumsrate Deutschlands für das vierte Quartal 2020 auf 0,3 Prozent nach oben revidiert wurde. In den USA wiederum haben auch Dienstleister weiterhin überwiegend positive Geschäftserwartungen für die kommenden Monate. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung fielen zuletzt deutlich auf 730.000. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau fehlen aber immer noch etwa 10 Mio. Jobs. Für die US-Volkswirtschaft wäre daher eine zeitnahe Einigung im Senat auf das von Präsident Biden geplante neue Konjunkturpaket inkl. darin vorgesehener Direktzahlungen an US-Bürger wichtig, um den privaten Konsum auch nach Mitte März weiterhin zu unterstützen.
An den Kapitalmärkten sorgten überraschend hohe Januar-Inflationsdaten und die Aussicht auf künftig weiter anziehende Konsumentenpreise aufgrund von im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegenen Ölpreisen (Basiseffekt), derzeit stark ansteigenden Produzentenkosten und dem erwartbaren Abbau des Konsumstaus im weiteren Jahresverlauf für teilweise deutliche Zinsanstiege bei Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten. Trotz der zumindest in diesem Jahr zunehmenden Inflationsperspektiven betonten jedoch sowohl Vertreter der US-Notenbank Fed als auch der Europäischen Zentralbank (EZB) dass sie an dem derzeitigen ultra-expansiven geldpolitischen Kurs vorerst festhalten werden.
Zinsen: inflationsgetrieben steigend
Die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe legte zwischenzeitlich bis auf -0,21 Prozent p.a. zu und lag Ende Februar bei -0,29 Prozent p.a. 25- und 30-jährige Bundesanleihen rentieren derzeit wieder leicht positiv. Auch die Verzinsungen von Staatsanleihen anderer Eurozonenstaaten zogen im Monatsverlauf parallel an, nachdem die Rendite zehnjähriger italienischer Staatsanleihen im Zuge der Übernahme der Regierungsgeschäfte durch den ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi mit 0,45 Prozent p.a. zunächst noch ein Allzeittief markierte. Die Rendite von US-Staatsanleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit stieg noch deutlicher auf zwischenzeitlich 1,56 Prozent p.a.
Aktien: positiv, aber schwächer zum Monatsende
Nachdem viele internationale Aktienindizes in der ersten Monatshälfte neue Rekordhochs zu verzeichnen hatten, gaben die Kurse im Zuge zunehmender Inflationssorgen und damit steigender Zinsen im weiteren Verlauf nach. Besonders betroffen davon waren Technologie- und Wachstumsaktien. So verlor der US-Technologieindex NASDAQ Composite aus der Spitze über 6 Prozent und notierte Ende Februar im Vergleich zum Januar nur noch leicht im Plus. Für den deutschen Leitindex DAX und den US-Standardwerteindex S&P 500 verblieben jeweils ein Plus in Höhe von 2,6 Prozent.
Währungen: Euro uneinheitlich
Der Euro notierte im Vergleich zum US-Dollar Ende Februar kaum verändert bei 1,21 EUR/USD. Das britische Pfund hingegen wertete gegenüber dem Euro um knapp 2 Prozent auf 0,87 EUR/GBP auf. Gegenüber dem Schweizer Franken wiederum legte der Euro auf knapp 1,10 EUR/CHF zu.
Rohstoffe: Gold schwächer, Rohöl fester
Der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent stieg deutlich um 18 Prozent auf 66 US-Dollar, nachdem der außergewöhnlich heftige Wintereinbruch in Texas zum Ausfall einiger Förder- und Raffinerieanlagen geführt hatte. Demgegenüber litten die Goldnotierungen unter den steigenden Zinsen und fielen um 7 Prozent auf 1.727 US-Dollar.
Implikationen für Anleger
Im Februar wurde offensichtlich, was alle schon lange wussten: die Kapitalmärkte – und nicht nur sie – sind abhängig von den historisch niedrigen Zinsen. Sollten die Zinsen kurzfristig tatsächlich deutlicher steigen, dürfte sich die volatile Phase an den Aktienmärkten noch fortsetzen und es wären weitere Rücksetzer zu erwarten. Selbst der sichere Anlagehafen Gold würde im Falle substanziell höherer Zinsen eine Neubewertung erfahren müssen. Dabei sind die kurzen Laufzeiten bzw. Geldmarktzinsen nicht das Problem, da sie ohnehin auf absehbare Zeit niedrig gehalten werden, wie sowohl die EZB als auch die Fed nicht müde werden zu betonen. Wie gesehen, reagiert aber vor allem das lange Ende der Zinskurve, also die Renditen bei längeren Laufzeiten auf die Inflationsperspektiven. Schon heute ist absehbar, dass die nächsten Inflationsschübe in den Monaten März, April und Mai durch die Energiekomponenten der Inflationsraten und danach im Zuge des erwarteten Abbaus krisenbedingt aufgesparten Konsums erfolgen. Allerdings sind größere Turbulenzen an den Kapitalmärkten nicht im Interesse der Notenbanken, denn sie würden die Gefahr von aus der Coronakrise resultierenden Folgekrisen, bspw. im Bankensektor, erhöhen. Zudem würden zu stark steigende Zinsen die Refinanzierbarkeit mancher in den letzten Monaten explodierten Staatsschuld gefährden. Daher ist davon auszugehen, dass die Geldpolitik versuchen wird, im Zweifel verbal oder auch durch konkrete Aktionen wie eine Ausweitung von Wertpapierkäufen, die Zinskurve über alle Laufzeiten hinweg generell niedrig bzw. nur moderat steigen zu lassen. Wahrscheinlich werden in den kommenden Monaten daher die Themen Inflation und Zinsen immer wieder einmal ein Rolle spielen in einer ansonsten von hoffentlich weiter sinkenden Corona-Neufallzahlen, einem dynamischen wirtschaftlichen Aufschwung und damit grundsätzlich positiven Aussichten für Aktien geprägten weiteren Jahresverlauf.