05.02.2021
Das Kapitalmarktumfeld im Januar
Fokus USA und weltweit brummende Industrie
Am Anfang des Monats richtete sich die Aufmerksamkeit der Welt in Richtung USA. Zunächst sicherten sich die Demokraten bei der Stichwahl im Bundesstaat Georgia zwei weitere Senatssitze. Damit besteht in beiden Kammern des Kongresses eine demokratische Mehrheit, wenngleich diese im Senat nur hauchdünn ausfällt und im Repräsentantenhaus deutlich gesunken ist. Am 6. Januar kam es dann im Zuge der offiziellen Verkündung des Präsidentschaftswahlergebnisses zu Ausschreitungen und einem Sturm auf das Kapitol durch enttäuschte Anhänger des ehemaligen US-Präsidenten Trump. Seit der reibungslos abgelaufenen Amtsübergabe an den neuen Präsidenten am 20. Januar erlies Joe Biden eine Flut von Präsidentendekreten, mit denen einige Entscheidungen seines Vorgängers revidiert bzw. gestoppt wurden. Auf das aus wirtschaftlicher Sicht für die USA wichtigste Thema, die Verabschiedung eines weiteren Konjunkturpaketes, u.a. zur Unterstützung des privaten Konsums, konnten sich Demokraten und Republikaner allerdings noch nicht einigen. Vom „Durchregieren“ der neuen Administration in Washington kann also keine Rede sein.
Trotz einer zwar abnehmenden aber weiterhin hohen Corona-Infektionsdynamik entwickelte sich die US-Wirtschaft weiter robust. Gemäß Umfragen berichten die meisten Unternehmen branchenübergreifend von positiven Geschäftserwartungen. Allerdings konnte zuletzt keine weitere Verbesserung am Arbeitsmarkt festgestellt werden. Die Arbeitslosenquote verharrte im Dezember bei 6,7 Prozent und per Saldo im Monatsvergleich Stellen verloren.
In Europa ist zwar die Unternehmensstimmung im Verarbeitenden Gewerbe, u.a. aufgrund der hohen Exportnachfrage nach Industriegütern aus China, erneut überwiegend gestiegen. Allerdings leiden viele Dienstleistungsbereiche unter den teils noch verlängerten und verschärften Shutdown-Maßnahmen. Beispielhaft verdeutlicht dies der im Januar erneut eingebrochene GfK-Konsumklimaindex. Aufgrund künftig steigender Insolvenzzahlen, der wieder ausgeweiteten Inanspruchnahme von Kurzarbeit und dem nicht absehbaren Ende der Shutdowns belasten zunehmende Befürchtungen von Einkommens- oder gar Jobverlusten die Anschaffungsneigung der privaten Verbraucher. Schon im Dezember sind die Einzelhandelsumsätze in Deutschland um 9,6 Prozent im Vergleich zum Vormonat eingebrochen. Einzig der Internet- und Versandhandel boomt und konnte 31 Prozent mehr umsetzen als im Dezember 2019.
Sowohl die Europäische Zentralbank EZB als auch die US-Notenbank Fed bestätigten ihren ultra-expansiven Kurs im Zuge Ihrer jeweiligen Zinsentscheide im Januar.
Zinsen: trotz Inflationsanstieg tief negativ
Die Rendite einer zehnjährigen Bundesanleihe stieg leicht auf -0,52 Prozent p.a. Ende Januar an. Trotz eines überraschend deutlichen Anstiegs der Inflation in Deutschland im Januar auf 1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr notieren weiterhin alle Laufzeiten bis einschließlich 30 Jahren im negativen Bereich. In den USA stiegen die Zinsen zwischenzeitlich stärker bis auf knapp 1,20 Prozent p.a. nachdem an den Börsen die Möglichkeit einer sukzessiven Rückführung der Volumina der Wertpapierkäufe durch die US-Notenbank Fed gegen Ende des Jahres diskutiert wurde. Nach dem Dementi von Fed-Chef Powell gaben die Renditen einen Teil des Anstiegs jedoch wieder ab.
Aktien: überwiegend in Konsolidierung
Die Sorge vor einer weiteren Ausbreitung von Mutationen des Corona-Virus, stockende Impfkampagnen in Europa, die daraus resultierenden konjunkturellen Unsicherheiten und das noch nicht beschlossene Konjunkturpaket der neuen US-Regierung lasteten auf den Aktienmärkten. Entsprechend gaben sowohl der deutsche Leitindex DAX, als auch der US-amerikanische S&P 500 in den ersten Wochen des neuen Jahres leicht nach und notierten bei 13.433 bzw. 3.724 Punkten. Die Unternehmensergebnisse der laufenden Quartalsberichtssaison fielen bisher überwiegend besser als erwartet aus. Allerdings bleiben die Aussichten vieler Unternehmen angesichts der bestehenden Risiken oftmals ungewiss. Deutlich besser entwickelte sich der Schwellenländerindex MSCI Emerging Markets mit einem Plus in Höhe von 3,3 Prozent. Noch stärker stiegen einige chinesische Aktienindizes.
Währungen: Euro leicht schwächer
Der Euro wertete im Vergleich zum US-Dollar leicht ab und notierte Ende Januar nur noch knapp über 1,20 EUR/USD. Neben der leicht gestiegenen Zinsdifferenz zugunsten des US-Dollarraums stabilisierte sich die US-Währung wohl auch aufgrund einer vorerst verzögerten Steigerung der Staatsverschuldung angesichts des noch nicht beschlossenen Konjunkturpaketes.
Rohstoffe: Gold leicht schwächer, Rohöl fester
Der Preis für ein Barrel Rohöl der Sorte Brent stieg deutlich auf 55 US-Dollar, nachdem sich die Staaten des Ölkartells OPEC und mit ihr assoziierte Förderländer erneut auf Förderkürzungen geeinigt hatten. Der Goldkurs hingegen gab leicht auf 1.858 US-Dollar nach.
Implikationen für Anleger
Offensichtlich wurden am Jahresende 2020 für diverse derzeit bestehende Unsicherheitsfaktoren die bestmöglichen künftigen Entwicklungen eingepreist. Es zeigte sich in den ersten Wochen des neuen Jahres jedoch, dass die Corona-Pandemie uns noch länger beschäftigen wird und entsprechend zusätzliche konjunkturelle Belastungen entstehen. In Europa kam es zudem trotz Brexit-Deal zu Verzögerungen im grenzüberschreitenden Warenverkehr, so dass sich einige Logistik-Dienstleister sogar vorübergehend aus dem Geschäft mit Großbritannien zurückzogen. Insgesamt führte diese Gemengelage zur Ernüchterung vieler Anleger. Auch Sorgen um möglicherweise durch irrationale Kursbewegungen einiger Einzelaktien in den USA auslösbare heftigere Turbulenzen an den Finanzmärkten haben wohl einige Investoren dazu veranlasst, Gewinne aus den Vorjahren zunächst einmal mitzunehmen. Zwar ist diese befürchtete Zuspitzung wenig wahrscheinlich, trotzdem könnte die derzeitige Konsolidierung sich vorerst fortsetzen, solange keine eindeutigen Fortschritte bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie absehbar sind.
Zunächst bleibt aber das Basisszenario einer dynamischen konjunkturellen Erholung ab dem Frühjahr. Nur wenn in Europa die Industrie von ausgeweiteten Shutdowns betroffen würde oder in China größere neue Infektionswellen zu einem Einbruch der Wirtschaftsdynamik führten, müssten volkswirtschaftliche Projektionen und dann auch erwartete Unternehmensgewinne im weiteren Jahresverlauf revidiert werden. Zudem werden Geld- und Fiskalpolitik weiter expansiv agieren und die Zinsen niedrig halten bzw. die Kurse aller Anlageklassen unterstützen.